München – In exakt vier Wochen wird der sogenannte Badewannenmord von Rottach-Egern (Landkreis Miesbach) ein drittes Mal verhandelt. Angeklagt ist der damalige Hausmeister Manfred Genditzki. Er war 2012 vom Landgericht München II zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Eben dieses Urteil hatte eine andere Strafkammer bereits 2009 verhängt. Damals gelang den Verteidigern eine Revision. Jetzt gelang der Strafverteidigerin Regina Rick die Wiederaufnahme und ein komplett neues Verfahren. Genditzki kam 2022 nach 13 Jahren Haft auf freien Fuß.
Der noch 62-Jährige wird beschuldigt, im Oktober 2008 die 87-jährige Lieselotte K. nach einer Auseinandersetzung in ihrer Badewanne ertränkt zu haben. Er hat die Tat stets bestritten. Genditzki war 2008 die einzige Person gewesen, die sich neben einem Pflegedienst um die alte Dame gekümmert hatte. Er kaufte für sie ein, fuhr sie zum Arzt und trank Kaffee mit ihr. Doch an jenem besagten Tag soll er ihr mit einem stumpfen Gegenstand zweimal auf den Kopf geschlagen und sie aus Angst vor Konsequenzen in der Badewanne ertränkt haben. So zumindest steht es in der Anklage.
Ausschlaggebend für die Mordanklage waren zwei Verletzungen auf dem Hinterkopf. Die hatte damals ein Rechtsmediziner bei der Obduktion entdeckt. Erst dieser Nebenbefund führte letztlich zur Mordanklage. Der Forensiker und die Kripo fuhren nach der Obduktion nochmals in die Wohnung. Gemeinsam versuchte man festzustellen, ob ein Sturz in die Wanne zu diesen Verletzungen hatte führen können. Denn an sich gab es für den Rechtsmediziner keine zwingenden Anhaltspunkte für eine fremde äußere Gewalteinwirkung. Doch im Zusammenspiel mit dem Ertrinken in der Wanne war es wichtig, festzustellen, ob sich Lieselotte K. durch einen Sturz diese Hämatome zugefügt haben konnte. Forensiker wie Polizei kamen vor Ort zu dem Schluss, dass die Frau bei einem Sturz nicht gegen die Armatur gestoßen sein konnte. Genau diese These will Verteidigerin Regina Rick nun im dritten Mordverfahren widerlegen. Mit Unterstützung von Experten präsentierte sie eine neue Computer-Simulation. Ein Video zeigt, wie ein Körper stürzt und zweimal mit dem Kopf gegen den Badewannenrand schlägt.
Außerdem konnte sie einen Physiker finden, der ihr mittels eines thermodynamischen Gutachtens einen Todeszeitpunkt errechnete, an dem sich der angeklagte Hausmeister nachweislich nicht in der Wohnung der 87-Jährigen befunden hatte. Der Rechtsmediziner aus den ersten beiden Verfahren hatte jedoch stets erklärt, er könne keinen genauen Todeszeitpunkt feststellen. Als Grund nannte er zu stark variierende Faktoren, wie zum Beispiel laufendes statt stehendes Wasser, das Tragen einer nassen Windel und eine nicht vollständig mit Wasser bedeckte Leiche. Für das bis dato übliche Rechenmodell wurden aber konstante Daten benötigt.
Für das neue Verfahren, das im NSU-Sitzungssaal stattfinden soll, wurden 20 Verhandlungstage angesetzt. In den beiden vorangegangenen Prozessen kamen die Strafkammern mit jeweils 17 Sitzungstagen aus. 38 Zeugen und 13 Sachverständige sind aktuell geladen. Unter den Zeugen befindet sich weder ein Richter noch ein Staatsanwalt aus den ersten beiden Mordprozessen. Und auch der frühere Forensiker soll nicht gehört werden. ANGELA WALSER