Auf der Achterbahn ins Bischofsamt

von Redaktion

Regionalbischof Kopp wird erst im siebten Wahlgang zu Bedford-Strohms Nachfolger gewählt

München – „Jetzt bin ich ziemlich platt.“ Erschöpft, aber glücklich wie nach einem überstandenen Marathon steht Christian Kopp in der St. Markus-Kirche in München und nimmt die Glückwünsche zur Wahl zum neuen evangelischen Landesbischof entgegen. Es war ein regelrechter Wahlkrimi, der seit Montag die evangelische Landeskirche in Bayern in Atem hielt. Quasi auf den letzten Metern hat die Landessynode den 58-Jährigen zum Nachfolger von Heinrich Bedford-Strohm gewählt – mit 56 Stimmen. 55 Stimmen waren notwendig gewesen, um sich mit absoluter Mehrheit gegen die Landshuter Dekanin Nina Lubomierski durchzusetzen, die 43 Stimmen erhielt.

Die Anspannung ist bis zur letzten Sekunde spürbar. Als die Synode gestern um 14 Uhr zusammentritt, ist nicht klar, ob an diesem Tag gewählt wird. Wie berichtet, hatte die Wahl am Montagabend im sechsten Wahlgang mit einer Patt-Situation geendet. Oberkirchenrat Hans-Peter Hübner warnt im Namen des Wahlvorbereitungsausschusses fast beschwörend das Kirchenparlament davor, in die Wahlverlängerung zu gehen. „Es ist nicht absehbar, dass sich die Patt-Situation auflöst. Wir stehen vor einem unauflösbaren Dilemma“, sagt er. Nach dem Wahlrecht sind nun noch maximal zwei Wahlgänge möglich – Hübner sieht das Risiko, dass auch danach keiner der Kandidierenden die notwendigen 55 Stimmen erreichen wird. „Das würde nicht nur die Kandidaten beschädigen, sondern wäre auch in der Öffentlichkeitswirkung für unsere ganze Kirche verheerend.“

In geheimer Wahl stimmen die Synodalen ab – und um 14.32 Uhr ist klar: Es wird doch gewählt. Mit 65 gegen 35 Stimmen bei zwei Enthaltungen drücken die Synodalen eine Fortsetzung des Wahlverfahrens durch.

Christian Kopp, der in den hinteren Reihen der Markuskirche sitzt, hält es nicht mehr auf seinem Platz. Wenn sich die Synode dafür ausgesprochen hätte, ein völlig neues Wahlverfahren zu einem späteren Zeitpunkt durchzuführen, dann hätte er wohl nicht zum neuen Kandidaten-Tableau gehört. Der 58-Jährige stellt sich an die Ausgangstüre direkt neben seine Frau Julia. Keine Viertelstunde später verkündet Walter Schnell, Vizepräsident der Landessynode, das Ergebnis, die Synodalen springen auf und applaudieren. – die Achterbahnfahrt hat nun doch ein Ende genommen.

Als erster Gratulant eilt der noch amtierende Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der ausgerechnet an diesem Tag seinen 63. Geburtstag feiert, zu Kopp und umarmt ihn. „Ich nehme die Wahl mit Freuden an und bedanke mich sehr, sehr herzlich“, ruft Kopp den Synodalen zu. Er habe sehr großen Respekt vor der Aufgabe. Nach diesen anstrengenden Tagen gehe es nun darum, „dass wir wieder zusammenfinden“. Die Synode stehe für über zwei Millionen andere Menschen – und noch viel mehr Bayerinnen und Bayern. Kopp, ein Freund des Netzwerkens, appelliert an den Teamgeist in der Landeskirche – er sei überzeugt davon, dass man die Aufgaben nur gemeinsam bewältigen könne. Die Kirche leiste in Bayern „unendlich gute Arbeit im Großen und vor allem im Kleinen, im Einsatz für Gerechtigkeit und die Schwächsten“. Das will er weiterführen. Kirche müsse sich auf das konzentrieren, was sie ausmache: die Seelsorge, Menschen Trost zuzusprechen. „Lassen Sie uns nie nachlassen, Menschen zu begleiten in ihren Nöten und Fragen.“ Wie wichtig Trost ist, weiß Kopp aus eigener, bitterer Erfahrung: Vor zwei Jahren mussten er und seine Frau den Suizid ihres erwachsenen Sohnes verkraften. Das Paar hat noch eine Tochter und zwei Enkelkinder.

Nach vier Tagen Dauerstress will sich Kopp am Abend – trotz Fastenzeit – ein Glas Wein mit seiner Frau gönnen. Auch die Synodalen können sich etwas entspannen. Wie etwa Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU), der „große Erleichterung und große Freude“ nach der Wahl von Christian Kopp verspürt. „Es hat gezeigt, dass die Synode doch handlungsfähig ist.“ CLAUDIA MÖLLERS

Kopp stellt Sorge um die Menschen in den Mittelpunkt

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