Brunos Geschwister unter Verdacht

von Redaktion

VON JOHANNES WELTE UND MARKUS CHRISTANDL

Trient/Schliersee – Im Val di Sole und im Nonstal im norditalienischen Trentino ist das Entsetzen groß. Dort wurde vor wenigen Tagen der 26-jährige Jogger Andrea Papi von einem Bären getötet (wir berichteten). Papis Lebensgefährtin berichtete der Zeitung „Corriere del Trentino“, dass ihr Partner gewusst habe, dass sich in der Gegend Braunbären aufhalten. „Hoffentlich treffe ich heute keinen Bären“, habe er stets gescherzt, wenn er zum Joggen aufbrach. Dem Umweltschutzverband Aidaa zufolge soll sich Papi mit einem Stock verteidigt haben, das könnte das Tier provoziert haben.

Der Präsident der Region Trentino-Südtirol, Maurizio Fugatti von der rechtsnationalen Lega Nord, hat angeordnet, den Bären zu töten, der den Jogger angegriffen hat. Das Problem ist: Das Tier wurde noch nicht identifiziert. Allerdings sind drei Bären bekannt, die in den vergangenen Monaten bereits für Schlagzeilen in der Region Nonstal/Val di Sole nordwestlich von Trient gesorgt hatten.

Einer von ihnen ist der Bär MJ5. Die Einheimischen haben den mittlerweile 18 Jahre alten, stattlichen Bären „Der Boss“ getauft. MJ5 hatte erst am 5. März dieses Jahres den 38-jährigen Eisenbahner Allesandro Cicolini aus Cles im Val di Sole an einem Waldrand angegriffen. Der Bär biss ihm in den Kopf und in den Arm. Cicolini überlebte nur, da er und der Bär einen Abhang hinabrollten und er sich an einem Ast festhalten konnte.

Der „Boss“ ist ein Halbbruder von Braunbär Bruno, der 2006 in Bayern erschossen wurde. Der zweite Bär auf der Abschussliste ist JJ4, ein Weibchen, genannt Gaia, sie ist Brunos Vollschwester. Sie wird für einen Angriff auf den Tridentiner Jäger Christian Misseroni (61) und dessen Sohn Fabio (39) auf dem Monte Peller am 22. Juni 2020 verantwortlich gemacht. Der Sohn war von der Bärin plötzlich überfallen worden. Das Tier habe sich auf Fabio geworfen, er haben gegen die Bärin getreten. „Das Tier biss mir ins Bein und dann in den Arm und die Hand“, berichtete der Vater. Anschließend sei es wieder verschwunden. Christian Misseroni brach sich außerdem beim Kampf die Beine. Möglicherweise hat Gaia ihren Nachwuchs verteidigen wollen. Insgesamt soll es den Behörden zufolge seit 2014 sieben Angriffe von Bären auf Wanderer mit sechs Verletzten in den italienischen Alpen gegeben haben.

Glimpflich verlief im Mai 2020 die Begegnung von Alessandro (14) und seinem Vaters Loris Calliari mit einem Bären auf der Alm Malga Nuova oberhalb des Nonstals. Der Bub entfernte sich langsam von einem Bären, der sich aufgerichtet hatte. Welcher Bär das war, ist unbekannt. Allerdings gibt es in der Region noch ein drittes Problemtier: M62. Dieser Bär hatte im unteren Nonstal aus Bauernhöfen Hühner geraubt.

Präsident Fugatti will die drei Bären MJ5 (der Boss), JJ4 (Gaia) und M62 töten lassen, das erklärte er bei einer Pressekonferenz. Falls es sich bei dem Tier, das Andrea Papi getötet hat, um einen vierten Bären handeln sollte, müsse dieser auch getötet werden. Die Zahl der Bären im Trentino müsse generell reduziert werden, so Fugatti weiter. „Das Trentino kann maximal 50 Bären aufnehmen. Die anderen müssen entfernt werden.“ Derzeit wird ihre Zahl auf 100 geschätzt.

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