Dachau – Der Neubau des Dachauer Hallenbads entwickelt sich für die Stadt zu einem Millionengrab. Als vor elf Jahren der Beschluss für das Bauprojekt fiel, waren die Kosten dafür noch mit 7,1 Millionen Euro veranschlagt. Nach ersten Umplanungen stieg die Schätzung auf 8,8 Millionen Euro. Noch vor dem ersten Spatenstich vor sechs Jahren regten einige Stadträte an, vielleicht doch noch mal zu prüfen, ob man das Bad nicht eine Nummer kleiner und vor allem architektonisch einfacher bauen sollte. Denn das, was der Münchner Architekt Wolfgang Gollwitzer bauen wollte, ist tatsächlich schön, aber auch schön aufwendig: Geschwungene Bögen, alles aus Holz, zwei riesige Rutschen und ein Sprungturm. „Gute Architektur muss nicht automatisch mehr kosten“, soll der Architekt den Stadträten 2012 erklärt haben.
„Wir haben uns damals alle blenden lassen“, sagt der CSU-Fraktionssprecher Florian Schiller heute ehrlich. Denn tatsächlich kostet die schöne Architektur mittlerweile 24,9 Millionen Euro. Ein Ende der Kostensteigerung ist nicht in Sicht. Gebaut wird auf der Baustelle seit einem Jahr nicht mehr, Stadt und Architekt gehen seit vergangenem September getrennte Wege. Offizieller Bauherr sind die Stadtwerke Dachau. Sie berichten, das einzelne Abschnitte so mangelhaft ausgeführt wurden, dass das Bad schon jetzt ein Sanierungsfall ist. „Die Dimension der Mängel hat uns umgeworfen“, erklärte CSU-Stadträtin Gertrud Schmidt-Podolsky vor Kurzem im Stadtrat.
Dort ist der Bau seit 2018 regelmäßig Thema. Die Stadtwerkeleitung muss Berichte abliefern, wie (schlecht) es um den Bau steht. Die wichtigste Botschaft war aber nun nicht die Mängelliste, sondern die Tatsache, dass zwei neue Architekturbüros den Bau übernommen haben und nun eine Bestandsaufnahme durchführen. Dann wird man sehen, wie weit es fehlt, wo saniert werden muss. Und vor allem: Ob ein Abriss mit anschließendem Neubau eines funktionalen Würfelbads, ähnlich dem aktuellen, nicht sinnvoller wäre.
Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) stellt sich seit Jahren hinter die Stadtwerke und verteidigt die Entscheidung der politischen Gremien, den Neubau gewagt zu haben. „Der Werkausschuss ist nicht für die Ausführungsmängel verantwortlich“, sagte er in der letzten Sitzung. Doch es gibt mittlerweile auch Stimmen in der Bürgerschaft und im Stadtrat, die fragen: Ist der Bau wirklich ordnungsgemäß beaufsichtigt worden? Wie, nur um ein Beispiel zu nennen, konnte es sein, dass zwei riesige Rutschen geliefert, aber nicht vernünftig montiert wurden? Werkleiter Robert Haimerl sagte dazu lapidar: „Das Anschlussdetail zwischen Dach und Rutschen fehlt weiterhin.“ Bei einer Begehung der Baustelle im vergangenen Herbst erklärte er das fehlende Anschlussdetail damit, dass wohl niemand in den Auftrag geschrieben habe, die Rutschen am Dach zu befestigen. Ein zweites Beispiel ist eine Glastür, an einer verglasten Fensterfront im Gastrobetrieb im ersten Stock. Die Tür ist völlig sinnlos – nur wenige Zentimeter hinter ihr befindet sich eine weitere Glasscheibe.
Eine weitere große Baustelle auf der Großbaustelle ist das Betonfundament, das offensichtlich undicht ist. Dumm nur, dass eines der wenigen, bereits fertigen Gewerke die Haustechnik im Keller des Bads ist – und dieser Technik der feuchte Boden sicher nicht guttut.
Bei der Stadt tröstet man sich damit, dass Dachau ja nicht die einzige Kommune sei, deren Hallenbad-Bau außer Kontrolle gerät. Zudem hätten die neuen Architekten laut Oberbürgermeister Hartmann Erfahrung mit „Gollwitzer-Bädern“. Zu Gesamtkosten und Öffnungsdatum gibt es bisher noch keine Aussagen. Arbeiter können frühestens 2024 wieder auf die Baustelle, kündigte Werkleiter Robert Haimerl an.
Glücklicherweise hat Dachau noch das alte Hallenbad aus den 70er-Jahren. Bis heute kann dort geschwommen werden – eigentlich sollte es längst abgerissen werden. Doch nun ist es nach der Schließung des Karlsfelder Bads das einzige Hallenbad im ganzen Landkreis – und das wird wohl auch noch eine ganze Weile so bleiben.