Nürnberg – In Bayern wird kein neues ICE-Instandhaltungswerk der Deutschen Bahn gebaut. Die jahrelange Standortsuche um den traditionsreichen Eisenbahner-Standort Nürnberg blieb letztlich erfolglos, die Bahn stellt ihre Bemühungen ein. „Wir müssen nun feststellen, dass es keinen geeigneten Standort gibt“, sagte der Konzernbevollmächtigte der Deutschen Bahn für Bayern, Klaus-Dieter Josel, am Donnerstag in Nürnberg.
Die Suche nach Alternativen werde jetzt in anderen Bundesländern vorangetrieben. „Wir arbeiten mit Hochdruck an alternativen Lösungen für die ICE-Instandhaltung“, sagte Josel. Die Bahn brauche ein zusätzliches ICE-Werk. Monatlich würden drei neue Garnituren des Schnellzuges ausgeliefert.
400 Millionen Euro hatte die Deutsche Bahn in das Werk investieren wollen, um die Fahrzeuge ihrer wachsenden ICE-Flotte zu warten, zu reinigen und gegebenenfalls zu reparieren. Wie viel Geld nun durch die erfolglose Suche in und um Nürnberg verloren ging, wollte die Bahn nicht offenlegen – es dürfte ein zweistelliger Millionenbetrag sein. Neun solcher Werke gibt es bereits bundesweit, Nürnberg hätte als Bahn-Knotenpunkt gut auf die Landkarte gepasst. Der Rückhalt in der Bevölkerung fehlte. Und am Ende fiel die Unterstützung durch die Politik auch eher mager aus.
Schon 2021 hatte sich die Nürnberger CSU gegen den von der Bahn favorisierten Standort im Stadtteil Fischbach ausgesprochen – im Nachhinein gestützt von einer Studie der TU München. Zu nahe an den bürgerlichen Wohngebieten im Nürnberger Osten, zu schädlich für das Naherholungsgebiet des Nürnberger Reichswaldes, lauteten damals die Argumente. Ministerpräsident Markus Söder schwante damals schon nichts Gutes. Seinen Parteifreunden warf er indirekt vor, nach dem St.-Florians-Prinzip zu handeln – wohlwissend, dass mit dem Sterben des Standortes Fischbach das ganze Projekt auf tönernen Füßen stand.
Gestern kam aus der CSU-Stadtratsfraktion verhaltener Jubel. „Mit Erleichterung“ habe man zur Kenntnis genommen, dass die jahrelange Diskussion nun seitens der Bahn beendet worden sei. Fraktionschef Andreas Krieglstein richtete sogar Vorwürfe gegen den Bauherren. „Wir erleben das Ende der extrem langwierigen Standortdiskussionen um das ICE-Werk, die von Anfang an von Seiten der Bahn nicht professionell vorbereitet und geführt wurden.“
Am Ende gingen nach der Prüfung von insgesamt 100 Orten drei Alternativen in das Raumordnungsverfahren beim Bezirk Mittelfranken, von denen eine schlechter als die andere war. Die Regierung kippte zwei der Vorschläge vollends, der Standort des ehemaligen Munitionslagers blieb – allerdings auch nur mit massiven Auflagen – übrig. Die Bahn prüfte diesen nochmals. Und kam am Ende zu dem Schluss, dass es die riesigen Herausforderungen nicht wert sind.
In der Klemme stecken nun auch die Naturschützer. Sie hatten sich gegen die von der Bahn ins Spiel gebrachten Standorte gestellt, weil diese allesamt den Reichswald um Nürnberg in Mitleidenschaft gezogen hätten – mitsamt den Belastungen für das Grundwasser, der Lichtverschmutzung und Lärmbelastung. Andererseits bedauern sie den Verzicht auch. Dass Hunderte Bäume nicht der Kettensäge zum Opfer fielen, bezeichnete der Vorsitzende des Bund Naturschutz, Richard Mergner, gestern als einen „Riesenerfolg“.
Andererseits hätten der Bund Naturschutz wie auch etwa die Grünen das ICE-Werk als Teil einer umweltverträglichen Verkehrswende von der Straße auf die Schiene gutgeheißen. Ein entsprechender Vorschlag, das Werk in den Nürnberger Binnenhafen zu verlegen, sei auch mangels Unterstützung von Stadtspitze und Staatsregierung nicht weiterverfolgt worden.