München – Stefanie, Julia, Christina. Christian, Sebastian, Michael. Heißen Sie so? Dann sind Sie vermutlich um die 40. Denn 1983 waren das die beliebtesten Vornamen in Deutschland.
Heute, vier Jahrzehnte später, liest sich die Hitliste der Vornamen ganz anders. Bundesweit waren 2022 Emilia, Sophia/Sofia und Emma die Spitzenreiter bei den Mädchen, bei den Buben Noah, Matteo (in vier verschiedenen Schreibweisen) und Leon. Das ist fast ein bisschen langweilig, weil sich an der Spitze seit drei Jahren wenig bis nichts tut. Noah ist schon seit 2019 auf Platz 1. „Aber das ist ganz normal“, sagt Frauke Rüdebusch, Sprachwissenschaftlerin an der Gesellschaft für deutsche Sprache in Wiesbaden. Namen sind immer Ausdruck von Mode – und die taucht eben in Wellen auf, sagt Frauke Rüdebusch.
Jedes Jahr im Januar schreibt Frauke Rüdebusch eine Mail an alle Standesämter in Deutschland. Sie bittet darum, die Vornamen, die die Standesbeamten beurkundet haben, einzuschicken. 750 Ämter haben geliefert, knapp eine Million Einzelnamen kamen bei ihr an. Angesagt sind zurzeit: Kurze Namen mit vielen und hellen Vokalen wie e und i, zum Beispiel Finn oder Mila. Beliebt auch die Endung auf a wie bei Noah oder fast allen Mädchennamen. Die meisten Namen beginnen zudem mit E, M und L. Das trifft auf 13 der 20 Topnamen zu. Und ein paar Überraschungen gab es für die Sprachwissenschaftlerin doch: Dass die beliebte Hanna offenbar auf dem Rückzug ist, nur noch auf Platz 5 landet. „Und Henry und Marie begrüßen wir wieder auf der Rangliste“, sagt Frauke Rüdebusch.
Die Bayern mögen es traditionell
Jetzt ist Deutschland Deutschland, aber Bayern ist auch Bayern. Und deshalb stellt Rüdebusch Abweichungen fest, wenn sie die Namen im Freistaat anschaut. Die Spitzenreiter sind bei den Mädchen ähnlich: Sophia/Sofia, Emilia, Emma. Bei den Buben ist aber Lukas auf Platz 1, der Name taucht in den bundesweiten Top 10 gar nicht auf. Auch Maximilian auf Platz 3 ist ein Phänomen des Südens. „Da merkt man, dass mehr Tradition vorhanden ist“, sagt die Sprachwissenschaftlerin.
Unterschiede auch innerhalb Oberbayerns
Doch auch innerhalb Bayerns gibt es Trends. Für unsere Zeitung hat sich Frauke Rüdebusch die beliebten Namen in Oberbayern angeschaut. Im nördlichen Bereich (Standesämter Dachau, Erding, Freising, München und Fürstenfeldbruck) sind folgende Namen angesagt (eventuell mehrere Schreibweisen): Maximilian, Lukas, Luis, Luca, Leon, Anton, Felix, Jonas, Matteo und Noah bei den Buben. Sophia, Emilia, Emma, Mia, Clara, Hanna, Lea, Luisa, Anna, Marie bei den Mädchen.
Im südlichen Oberbayern (Standesämter Miesbach, Rosenheim, Garmisch-Partenkirchen, Schongau, Starnberg): Maximilian, Felix, Jakob, Lukas, Luis, Anton, Luca, Leon, Elias, Ludwig sowie Sophia, Luisa, Emilia, Anna, Leoni, Lea, Hanna, Emma, Amelie, Johanna. Auf diesen Listen tauchen Namen auf, die bundesweit eher selten sind: Amelie oder Lukas zum Beispiel.
Ausländische Namen landen nicht in Top 10
Obwohl in Deutschland viele Kinder mit Migrationshintergrund geboren werden, schlägt sich das nicht auf die Hitliste nieder. „Da sind Kinder ohne Migrationshintergrund noch deutlich in der Überzahl“, sagt Frauke Rüdebusch. Mohammed zum Beispiel landet bundesweit bei den Buben auf Platz 20.
Beliebte Namen sind trotzdem nicht häufig
Viele Eltern wollen auf keinen Fall einen Allerwelts-Namen für ihr Kind. Frauke Rüdebusch weist darauf hin, dass die beliebtesten Vornamen keinesfalls massenweise vergeben werden. So heißen nur 1,39 Prozent aller Mädchen bundesweit Emilia (Noah 1,42 Prozent). Statistisch sitzt also in einer Klasse nur eine Emilia, ein Noah.
Alte Namen kommen auch wieder
Aber wann ist denn wieder Zeit für Helmut und Wolfgang, Hedwig und Ingeborg? „Das klingt fies, aber die Träger dieser Namen müssen erst wegsterben“, sagt Frauke Rüdebusch. „damit die Eltern nicht an alte Leute denken, wenn sie den Namen vergeben.“ Es gibt aber auch alte Namen, die schick sind. Emil oder Clara/Klara sind Beispiele aus den Top 10. Bis eine Liste komplett ausgetauscht ist, dauert es laut Frauke Rüdebusch aber mindestens 30 Jahre. CARINA ZIMNIOK