„Offenheit in Bayern ist groß“

von Redaktion

Konferenz der Europäischen Rabbiner verleiht Preis an Söder

Die Konferenz der Europäischen Rabbiner vergibt heute ihren Lord-Jakobovits-Preis an Ministerpräsident Markus Söder. Ihr Präsident, Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt (59), verrät, warum Bayern ein Vorbild für alle europäischen Länder ist.

Warum vergeben Sie den Preis an Markus Söder?

Herr Söder zeigt ein klares Bekenntnis zum jüdischen Leben und zur Zukunft der Juden in Bayern. Er hat ein Schutzversprechen gegeben: Bayern soll sicherstes Land für Juden in Deutschland sein. Sein Engagement, jüdisches Leben zu fördern, ist in Europa einmalig. Bayern ist ein Vorbild für alle europäischen Länder. Das wollen wir besonders würdigen.

Worin genau besteht dieses Engagement?

Bayern hat mit Ludwig Spaenle einen sehr engagierten Antisemitismus-Beauftragten. Das Gesamtkonzept gegen Antisemitismus ist lobenswert, und auch die Beziehung zu Israel ist besonders. Markus Söder hat die Rabbinerkonferenz eingeladen, ihren Hauptsitz nach München zu verlegen. Das war letztes Jahr im Mai anlässlich unserer Generalversammlung, die erstmals in München stattgefunden hat. Diese Einladung nehmen wir gerne an. Wir rechnen damit, unser Büro bald einrichten zu können.

Was ist an München besser als an London?

Sicherheit wird großgeschrieben. Die bayerische Regierung hat die finanziellen Mittel für die Israelitische Kultusgemeinde in München für 2020 und 2021 rückwirkend um ein Drittel erhöht. In den jüdischen Gemeinden in Deutschland fließt oft die Hälfte der staatlichen Fördermittel in Sicherheitsmaßnahmen. So einen Einsatz wünschen wir uns in allen Ländern in Europa, denn Sicherheit ist leider immer noch ein Problem.

Welche Gefahren sind am größten?

Der Großteil derer, die ihren Hass auf die jüdische Bevölkerung ausdrücken, tut das verbal. Trotzdem übertreten manchmal Einzelpersonen die Hemmschwelle zur Gewalttat, wie das etwa bei den Anschlägen auf Synagogen in Halle und Ulm der Fall war. In Griechenland haben im März Mitglieder der Iranischen Revolutionsgarde Anschläge auf jüdische Ziele geplant. Ich würde nicht sagen, dass es in München nicht auch Leute gibt, die Böses im Schilde führen. Aber die Gebäude, in denen jüdisches Leben stattfindet, sind stark bewacht.

Wie empfinden Sie in München die Stimmung in der Bevölkerung gegenüber Juden?

In München spüre ich Offenheit und Aufgeschlossenheit gegenüber jüdischem Leben. Es wäre schön, wenn wir noch mehr Berührungspunkte hätten und Juden und Nicht-Juden mehr übereinander erfahren. Die jüdischen Beiträge zur Entwicklung des Landes sind noch zu wenig sichtbar. Zum Glück werden heute die Kinder in der Schule für Antisemitismus sensibilisiert. Das ist ein wichtiger Schlüssel für die Zukunft.

Sind seit Antritt des Kabinetts Söder mehr Juden eingewandert?

Natürlich haben viele jüdische Flüchtlinge aus der Ukraine in München Zuflucht gefunden. Generell ist es für jüdische Einwanderer einfacher, in einer großen jüdischen Gemeinde Fuß zu fassen. Es gibt nicht nur eine Synagoge, sondern auch ein jüdisches Altersheim, eine Kinderkrippe, ein jüdisches Gymnasium und koschere Restaurants. In kleineren Gemeinden ist der Alltag für jüdische Familien viel schwerer zu organisieren.

Freuen Sie sich auf den Umzug?

Ja, ab Herbst soll es losgehen, Rabbiner aus ganz Europa werden dann nach München kommen. Ich freue mich zudem auf meine Lehrtätigkeit an der TU München, wo ich als Lektor Vorträge halten werde. Ich freue mich aber auch auf den Umzug, weil ich seit vielen Jahren begeistert Ski fahre. Auch in dieser Hinsicht ist München London natürlich überlegen.

Interview: Isabel Winklbauer

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