München – Das Abendessen von Bärbel und Florian Zeller aus Planegg (Kreis München) kam am Sonntagabend aus dem Tiefkühlfach, dazu gab’s ein Glaserl Wein. Eigentlich wollte das Paar um die Zeit längst auf der griechischen Insel Zakynthos sein, Urlaub zum Start von Bärbel Zellers Rente – doch daraus wurde nichts. Schuld daran: chaotische Zustände bei der Billig-Airline Marabu.
Florian Zeller ist auch am Montag noch aufgebracht. „So was habe ich noch nie erlebt“, sagt der 66-Jährige. Der frühere Vertriebler hatte den Flug über ein Vergleichsportal gebucht, Kosten 840 Euro. Weil er den Namen der Airline nicht kannte, informierte er sich. Als er las, dass Marabu eine Condor-Schwester ist, dachte er im Vertrauen auf das etablierte Unternehmen: „alles gut.“ Von wegen.
Am Muttertag standen die Zellers um 3 Uhr auf, fuhren zum Flughafen München. An der Gepäckaufgabe machten sie ein Foto für die Söhne, darauf lachen sie. „Wir haben uns gefreut, dass alles gut geklappt hat.“ Doch der für 5.50 Uhr geplante Flug MBU 6750 Uhr ging nicht. Auf den Displays wurde stundenlang „delayed“ angezeigt – verspätet. Hunderte Passagiere, auch von anderen Marabu-Flügen, warteten. Erst geduldig, dann immer genervter. Servicepersonal war nicht vor Ort, um 16.30 Uhr gaben die Zellers auf und fuhren frustriert heim. Ein befreundeter Anwalt gab ihnen die Auskunft, dass sie die Reise nach fünf Stunden Wartezeit abbrechen können. So weit die rechtliche Lage. Aber: „Wir hatten uns so auf Sonne gefreut“, sagt Florian Zeller.
Auch Lisa Herrmann, Erzieherin aus München, wollte in dieses Flugzeug. Die 33-Jährige und ihre Freundin brachen am Sonntagabend um 18 Uhr ab und fuhren heim. Was Lisa Herrmann zusätzlich ärgerte: Zufällig entdeckten die Frauen hunderte Koffer, die an der Gepäckabfertigung herumstanden – „ohne Aufsicht“. Sie fanden auch ihre Koffer und nahmen sie mit. Lisa Herrmann und ihre Freundin hatten den Flug über Condor gebucht und erst in der Bestätigungsmail realisiert, dass Marabu den Flug durchführt. Den Mietwagen und das Hotel organisierten die Frauen auf eigene Faust – die Reservierungen zu stornieren, kostete sie am Montagvormittag viele E-Mails, Anrufe, Nerven. Währenddessen war der Flug nach Zakynthos weiter auf dem Abflugplan gelistet – als „verspätet“. Am Montag, kurz nach 13 Uhr, hob das Flugzeug dann ab. Die Freundinnen hatten zu dem Zeitpunkt bereits eine Reise nach Kreta gebucht, die am Montagnachmittag losging.
Der Marabu-Flug nach Zakynthos war nicht der einzige mit massiven Schwierigkeiten. Nicole Papadopoulos (26) und eine Freundin (24) aus München wollten am Sonntag um 5.55 Uhr nach Palma de Mallorca fliegen. Auch für den Flug MBU 6508 hieß es stundenlang, er habe Verspätung. Viele Passagiere, vor allem ältere, und Familien mit Kindern gaben irgendwann auf. Nicole Papadopoulos wartete – tatsächlich hob die Maschine um 23.30 Uhr ab. 18 Stunden war die Münchnerin am Flughafen. Um halb zwei Uhr kam sie schließlich in Palma an.
Grund für die Verspätungen, so das Unternehmen, „waren technische Probleme bei anderen kontrahierten Fluggesellschaften, wodurch zunächst Reparaturen notwendig waren“. Marabu-Flüge nach Griechenland, Kroatien und Mallorca seien um mehrere Stunden verspätet gewesen und teilweise auf den Folgetag verschoben oder annulliert worden. Gestrichen wurden Flüge nach Volos, Palma de Mallorca und Split.
Marabu Airlines ist eine junge Fluggesellschaft mit Basen in München und Hamburg. Wie das Branchenmagazin „Aerotelegraph“ schreibt, handelt es sich um ein Unternehmen mit Sitz in Estland, gegründet von Condor-Eigentümerin Attestor. Kapital bei der Gründung im November 2022: 2700 Euro. Marabu besitze selbst nur ein Flugzeug, das schon kurz nach dem Airline-Start ausfiel. Die restliche Flotte wird gemietet – im Fall des Zakynthos-Fluges von einer litauischen Charterfluggesellschaft. Von München aus fliegt Marabu seit 15. April, die 25 Ziele liegen laut eines Flughafensprechers auf den Kanarischen Inseln, Mallorca, in Portugal, Italien, Ägypten und Griechenland.
Ende April war ein Airbus kaputt, der von München nach Mallorca fliegen sollte – kurzerhand charterte Marabu eine kleinere Boeing. Die konnte jedoch nicht alle Reisenden mitnehmen. Der Urlaub war für viele gelaufen.