MVV-Preise erhöhen – wegen Stammstrecken-Misere

von Redaktion

Finanzministerium wollte Fahrgäste finanziell beteiligen

München – Die MVV-Fahrgäste profitieren (irgendwann) von der 2. Stammstrecke, also wäre es doch nur logisch, sie auch an den durch die Decke schießenden Baukosten zu beteiligen – und zwar durch „eine moderate Erhöhung der Ticketpreise im MVV“.

Diesen gelinde gesagt originellen Gedanken verfolgte das bayerische Finanzministerium, wie ein nun bekannt gewordener Aktenvermerk aus dem Referat 15 zeigt. Er datiert vom 29. August 2022 und liegt unserer Zeitung vor. Das Referat 15 ist für die Haushaltsmittel-Zuweisung an das bayerische Verkehrsministerium zuständig und war im Sommer vergangenen Jahres alarmiert über die Kosten für die zweite Röhre. Damals war gerade bekannt geworden, dass der Tunnel mindestens sieben statt der veranschlagten 3,8 Milliarden Euro kosten würde (mittlerweile geht man von 8,5 Milliarden aus). Da Bayern laut Finanzierungsvereinbarung 40 Prozent der Baukosten und 100 Prozent der Planungskosten übernehmen muss, sannen die Haushälter von Finanzminister Albert Füracker (CSU) offenbar nach Wegen, einen Teil der Belastung auf andere abzuwälzen.

Bereits vor einem Gespräch zwischen Ministerpräsident Markus Söder und Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), das im Juli stattfand, hatte die Staatskanzlei intern darauf hingewiesen, dass die „rasche Klärung der Finanzierung der Mehrkosten“ als „dringlichste Aufgabe anzusehen“ sei, um den Weiterbau des Projekts nicht „akut zu gefährden“. Ende August ging dann eine Vorschlagsliste ans bayerische Bau- und Verkehrsministerium, kurz StMB. „Ist aus Sicht des StMB eine moderate Erhöhung der Ticketpreise im MVV tragbar, um eine angemessene Beteiligung der Fahrgäste an den Kosten der Infrastruktur der 2. Stammstrecke abzubilden?“, lautete die eine Frage. Die zweite war nicht minder brisant, denn das Finanzministerium überlegte, ob nicht die Stadt München zur Kasse gebeten werden könnte. „Der Ballungsraum München und insbesondere die Landeshauptstadt München profitieren wirtschaftlich von der 2. Stammstrecke“, hieß es in dem Schreiben. „Kann hierdurch eine höhere finanzielle Beteiligung seitens der Landeshauptstadt München aus rechtlicher, wirtschaftlicher und politischer Perspektive seitens StMB begründet werden?“, fragte das Finanzministerium.

Zur Ehrenrettung des Bauministeriums muss gesagt werden, dass es beide Vorstöße aus dem Füracker-Haus zurückwies. Die Stadt München ist laut Finanzierungsvereinbarung mit 147 Millionen Euro am Bau der Röhre beteiligt – Erhöhung ausgeschlossen. Und auch der Plan für höhere Ticketpreise hat sich in Luft aufgelöst – durch das nun eingeführte 49-Euro-Ticket muss Bayern sogar noch mehr Kosten schultern, da es die Verluste, die den Verkehrsträgern entstehen, ersetzen muss. DIRK WALTER

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