Rottach-Egern – Am fünften Prozesstag um den sogenannten Badewannenmord von Rottach-Egern im Landkreis Miesbach ist der Kampf um die mögliche Unschuld des angeklagten Hausmeisters voll entbrannt. Das Verteidiger-Duo Regina Rick und Klaus Wittmann nahm gestern vor dem Landgericht München I zwei Polizisten als Zeugen in die Mangel. Sie waren im Oktober 2008 als erste Beamte in der Wohnung gewesen, in der die 87-jährige Lieselotte Kortüm tot in der Wanne gefunden wurde. Ihre Aussagen bezeichneten die Verteidiger als „höchst unglaubwürdig“.
Das „Nicht-Erinnern“ dominierte die Vernehmung der Polizisten. Antworten wie „das weiß ich nicht mehr“ oder „aktuell kann ich es nicht sagen“ hörten die Zuschauer an diesem Prozesstag oft. Die Verteidiger konnten sich diese Erinnerungslücken kaum vorstellen, hatte doch ein 57-jähriger Beamter angesichts des Vorfalls eigens einen Aktenvermerk angefertigt, in dem er nicht nur zum Leichenfund der ertrunkenen Seniorin Stellung nahm, sondern auch zu einer Wohnungsdurchsuchung vom April 2008. Damals hatte Manfred Genditzki, der später wegen Mordes verurteilte Hausmeister, die Polizei gerufen, weil der alten Dame ein Brillantring fehlte. Der hatte sich in einer Schmuckschatulle befunden, die Lieselotte Kortüm dem 62-Jährigen eine Zeit lang anvertraut hatte, wie auch eine Geldkassette mit gut 20 000 Euro. Im Vermerk des verschwundenen Rings erkannten die Verteidiger eine Vorverurteilung ihres Mandanten. Dem wird vorgeworfen, die 87-Jährige nach einem Streit in der Badewanne ertränkt zu haben. Er saß über 13 Jahre im Gefängnis und hatte stets den Vorwurf bestritten. Aktuell läuft sein Wiederaufnahme-Prozess.
In der Verhandlung versuchten die Verteidiger immer wieder, dem Beamten zu entlocken, wer ihn damals aufgefordert hatte, diese Notiz anzufertigen. Doch der 57-Jährige blieb dabei, sich nicht erinnern zu können. Zuvor hatte er allerdings erklärt, dass so ein schriftlicher Vermerk nicht alltäglich sei, sondern dass er immer eine Anweisung erfordere. Verteidiger Klaus Wittmann kochte innerlich. „Jetzt haben wir Sie zweimal beim Lügen erwischt“, warf er dem Polizisten vor. Um dessen Glaubwürdigkeit abzuklopfen, hatte Wittmann den 57-Jährigen gefragt, ob er mit Kollegen über den Prozess gesprochen bzw. sich die Akte noch einmal angeschaut hätte. Das verneinte der Beamte zunächst, musste aber auf hartnäckiges Nachfragen Gegenteiliges zugeben. Der Verteidiger beantragte die Vereidigung des Beamten.
An diesem Punkt griff die Vorsitzende Richterin Elisabeth Ehrl ein. „Der Verteidiger meint, dass Sie Informationen zurückhalten“, wandte sie sich an den Polizisten. Irgendjemand müsse ihn ja aufgefordert haben, die Notiz zu schreiben, sagte die Richterin. Der Beamte erwiderte, dass es vermutlich die spätere Sachbearbeiterin gewesen sei, die ihn angerufen habe, aber er könne sich nicht erinnern. Der Prozess wird heute fortgesetzt. ANGELA WALSER
Richterin Ehrl
muss beruhigend
eingreifen