Bayern ist Spitzenreiter bei Volksentscheiden

von Redaktion

Mehr Verfahren über Klimaschutzfragen – Verein fordert Verlängerung der Bindungswirkung

München – Die Schongauer wollen ihr Krankenhaus behalten. Vergangenen Sommer gingen sie mit Plakaten auf die Straße und sammelten Unterschriften für ein Bürgerbegehren. Im Dezember stimmte dann die Mehrheit der Bürger im Landkreis per Bürgerentscheid für den Erhalt der beiden Klinik in Weilheim und Schongau.

Volksentscheide wie diese – sie heißen direktdemokratische Verfahren – gibt es im bundesweiten Vergleich in Bayern am häufigsten. Auch Ratsbegehren zählen dazu. „Bayern ist bundesweit Spitzenreiter: Mit 3485 Verfahren haben 40 Prozent im Freistaat stattgefunden“, sagt Jan Renner, Landesgeschäftsführer des Vereins Mehr Demokratie. Alle zwei Jahre erstellt der Verein anhand der Statistiken einen aktuellen Bürgerbegehrensbericht.

Allein 2022 sind in Bayern 94 neue Verfahren eingeleitet worden – davon 64 Bürger- und 30 Ratsbegehren. „Bundesweit wurden in den vergangenen fünf Jahren durchschnittlich 300 neue Verfahren pro Jahr eingeleitet. 2022 waren es mit 245 etwas weniger“, sagt Renner. „Dafür ist wohl die Pandemie verantwortlich, die zum Beispiel das Unterschriftensammeln erschwert hat.“

Das generelle Gefälle zwischen den Ländern führt der Verein auf die unterschiedlichen Regelwerke zurück, die bürgerschaftliches Engagement erleichtern – oder erschweren. „Im Gegensatz zu anderen Bundesländern können in Bayern auch Bauleitplanungen Gegenstand sein“, erklärt Renner. Es gibt deutliche Themenschwerpunkte: Gut 20 Prozent der Verfahren betreffen Wirtschaftsprojekte, knapp 20 Prozent öffentliche Sozial- und Bildungseinrichtungen sowie 16 Prozent Verkehrsprojekte.

In 13 Prozent der Fälle geht es um Klimaschutzfragen – Tendenz steigend. Von 2013 bis 2022 fanden in Bayern 153 klimabezogene Verfahren statt. Die Top-Themen: 37 Mal ging es Windkraft, 27 Mal um Mobilität und Verkehr, 25 Mal um PV-Freiflächenanlagen und elf Mal um Fuß- oder Radentscheide. Den Vorwurf, Bürgerbegehren würden den Klimaschutz ausbremsen, widerlegt der Verein: 67 Prozent, also 103 der Klima-Verfahren, hatten zwischen 2013 und 2022 eine positive Zielrichtung, 32 Prozent eine bremsende.

Dass das Votum eines Bürgerentscheids nur ein Jahr lang gilt, kritisiert der Verein Mehr Demokratie. „Wir fordern, die bindende Wirkung auf drei Jahre zu erhöhen“, sagt Jan Renner. Am Beispiel des Bürgerentscheids um das Krankenhaus im Kreis Weilheim-Schongau sehe man, wie entgegen dem Bürgerwillen Politik gemacht wird. „Laut dem Motto: In einem Jahr machen wir, was wir wollen.“ CORNELIA SCHRAMM

Artikel 2 von 11