München – Fast jede dritte Grundwasser-Messstelle in Bayern zeigt einen niedrigen oder sehr niedrigen Stand an. Wenn Landwirte über die Äcker fahren, wirbeln sie mächtige Staubwolken auf. Und in Gärten reißt der Boden auf, weil er so ausgedörrt ist. So nass das Frühjahr war, so trocken waren die letzten beiden Wochen. Warum ist die Natur so schnell ausgetrocknet? Und wie dramatisch ist die Lage?
Das Niedrigwasser verstärkt sich
Der Dürreindex des Landesamts für Umwelt (LfU) zeigt gegenwärtig „noch normale Verhältnisse an“, heißt es. Im Mai fielen in Südbayern 110 Liter pro Quadratmeter – 9 Prozent mehr als der Mittelwert. Von den feuchten Monaten April und Mai profitiere die aktuelle Grundwasserlage. Aber in weiten Teilen Nordbayerns hat es schon seit 24 Tagen nicht mehr geregnet. Auch in Südbayern waren die vergangenen zwei Wochen staubtrocken. Die Prognose sieht ähnlich aus, auch wenn es in den nächsten Tagen vereinzelt Schauer und Gewitter geben soll. „Die Niedrigwassersituation wird sich verstärken“, so das LfU.
Die obere Schicht im Boden ist zu trocken
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) gibt regelmäßig einen Bericht zur Bodenfeuchte heraus. „Durch die Kombination aus Sonne und Wind wird die Verdunstung verstärkt“, so DWD-Agrarmeteorologe Andreas Brömser. Deshalb seien die oberen 20 bis 30 Zentimeter ziemlich ausgetrocknet. Darunter sei noch relativ viel Wasser vorhanden – problematisch wird es aber für Pflanzen, die flach wurzeln, zum Beispiel Mais, Zuckerrüben, Gras und Rasen. „Da kommen Pflanzen schnell an ihre Grenzen.“ Das Problem sei der scharfe Übergang zwischen Nässe und Trockenheit. Durch den Klimawandel gebe es Tendenzen, dass sich Wetterlagen länger und stabiler halten.
Bauern kämpfen noch mit Folgen des Regens
Anton Huber ist Pflanzenbauexperte beim Bayerischen Bauernverband, und er sagt: „Wir rufen noch nicht die Katastrophe aus, aber wir bräuchten dringend Regen.“ Die Pflanzen sind durch das nasse Frühjahr verwöhnt: „Sie haben keine langen Wurzeln ausgebildet.“ Das wird zum Problem, wenn die obere Schicht so trocken ist wie derzeit. Da wirkt es fast paradox, dass die Landwirte noch mit den Folgen des nassen Frühjahrs kämpfen: Weil die Äcker so feucht waren, konnten Bauern ihr Saatgut erst verzögert ausbringen – dadurch tun sich vor allem Mais und Kartoffeln schwer.
Der Borkenkäfer hat ein leichtes Spiel
Waldbesitzer schauen ihre Bäume derzeit besonders sorgsam an. Der Borkenkäfer hat Saison, sobald ein Baum befallen ist, muss er entsorgt werden – um die Ausbreitung des Schädlings zu stoppen. Das Problem, so schildert es Hans Ludwig Körner vom Bayerischen Waldbesitzer Verband: Die Bäume, vor allem die Fichten, haben unter der Trockenheit der vergangenen Jahre stark gelitten, sie sind geschwächt. „Das ist doppelt dramatisch“, sagt Körner. So hat der Borkenkäfer ein leichtes Spiel.
Er sagt auch, dass das Frühjahr für den Wald sehr verheißungsvoll war. „Das hat die Pflanzungen stabilisiert“, sagt Körner. Jetzt aber wäre dringend Regen nötig, damit die Jungpflanzen nicht verdörren. Während die Lage in Oberbayern noch übersichtlich sei, sehe es in Nordbayern „schon wieder sehr schlecht aus“.
Brandgefahr im Wald und auf Wiesen steigt
Der Fürstenfeldbrucker Andreas Lohde ist seit 20 Jahren ehrenamtlicher Luftbeobachter, jedes Jahr steigt er für die Luftrettungsstaffel am Standort Oberpfaffenhofen ins Flugzeug und überprüft von oben die Waldbrandgefahr in den Landkreisen Fürstenfeldbruck, Dachau, Landsberg und Starnberg. „Heuer“, sagt Lohde, „gab es noch keine Alarmierung durch die Regierung von Oberbayern.“ Die Behörde legt in Abstimmung mit Experten fest, wann die Überwachungsflüge nötig sind – in der Regel ist das ab Stufe 4 von 5 auf dem Waldbrandgefahrenindex des DWD der Fall. Aktuell liegt der für Oberbayern bei Stufe 2, er klettert aber bis Freitag auf Stufe 3. Lohde, der auch bei der Freiwilligen Feuerwehr Fürstenfeldbruck aktiv ist, weist aber auf eine andere Gefahr hin: Grasbrände. Der Grasland-Feuerindex des DWD steigt bis Freitag auf Stufe 4 – eine weggeschnippte Kippe kann ruckzuck eine Wiese in Brand setzen.
Gartenbesitzer müssen mehr gießen
Für die privaten Gärten war das nasse Frühjahr entspannt – weil der Boden auch in der oberen Schicht stets feucht war, mussten neue Pflanzen keine langen Wurzeln ausbilden. Daher geraten sie nun schneller in Stress. „Alles Frischgepflanzte braucht jetzt Aufmerksamkeit“, sagt Katrin Kell, Kleingarten-Spezialistin bei den Weihenstephaner Gärten im Kreis Freising. Was schon länger im Beet ist oder ältere Stauden und Sträucher dürften die trockene Zeit gut überstehen. „Man muss hinterher sein“, sagt Kell, „aber zum Glück haben wir noch keine 30 Grad.“