Aufwärmflüge für das große Luftmanöver

von Redaktion

VON HELGA ZAGERMANN

Lechfeld – Seit fünf Jahren laufen die Planungen für die größte Verlegeübung von Luftstreitkräften seit Bestehen der Nato. „Air Defender hat also nicht direkt mit dem Ukraine-Krieg zu tun“, sagte Oberstleutnant Jürgen Schönhöfer am Freitag auf dem Fliegerhorst in Lechfeld. Er betonte aber auch, dass die Übung „logischerweise ein klares Statement gegen Russland ist“. Das zeigen schon die Zahlen: 25 Nationen beteiligen sich mit insgesamt 10 000 Soldaten und mehr als 250 Flugzeugen an der von der deutschen Luftwaffe geführten Übung.

Um das transatlantische Bündnis zu stärken, entsenden die Amerikaner rund 100 Flugzeuge aus 42 US-Staaten. Am Lechfeld stationiert sind sechs A-10 der Air Nationale Guard aus Idaho und drei F-16 aus Griechenland. Der Airforce-Pilot Brad Lynch ist zum ersten Mal in Deutschland. Er erhofft sich ein gutes Training: Über Amerika habe man viel Platz, daher müsse man über Deutschland auf engerem Raum Luftkampf, Abfangübungen und Luftbetankungen trainieren. Er zeigt eine 30-Millimeter-Patrone seiner A-10 – scharfe Munition ist bei der Übung natürlich nicht an Bord. Ansonsten gilt laut Major Jason Attinger der Grundsatz der Streitkräfte „train as you fight“ – also so zu üben, als wäre es der Ernstfall.

Dafür nutzt man laut Schönhöfer die Räume, die der Luftwaffe auch sonst zur Verfügung stehen. Dazu kommen aber Korridore, die man zusätzlich benötigt, um ein reales Kampfszenario zu schaffen. Vom Lechfeld aus wird gestartet, über der Region finden hauptsächlich Luftbetankungen statt – kein Luftkampftraining. Vom Lechfeld aus zieht sich der Korridor über Stuttgart (hier wird bis Eintritt in die Übung gekreist) bis ins südliche Saarland, wo dann das tatsächliche Manöver stattfindet.

Schönhöfer sagt, dass die Einschränkungen für den zivilen Luftverkehr „eher gering“ sein werden an den Trainingstagen von 12. bis 16. und 19. bis 22. Juni. Er rechnet damit, dass 35 bis 40 Militärflugzeuge gleichzeitig über dem süddeutschen Luftraum unterwegs sein werden. Um Fluglärm einzudämmen, wird über dem Lechfeld nur von 14 bis 16 Uhr geflogen, über 3000 Meter Höhe, nicht nachts, nicht am Wochenende. Überschallflüge soll es in Bayern und Baden-Württemberg nicht geben.

Air Defender 2023 solle eine „glaubwürdige Abschreckung“ sein, sagt Oberstleutnant Schönhöfer mit Blick auf den Artikel 5 des Nato-Vertrags: Ein Angriff auf einen Verbündeten gilt als Angriff auf alle Partner. Man wolle zeigen, dass man Freiheit und Demokratie im Bündnisfall gemeinsam verteidigen werde. Zudem wolle man die Reaktionsfähigkeit unter Beweis stellen: „Sollte sich eine Krise anbahnen, sind die Luftstreitkräfte immer die First Responder, das Mittel der ersten Wahl.“ Natürlich gehe es im ersten Schritt um Deeskalation. Trotzdem will man auch im Ernstfall sofort zusammen einsatzbereit sein.

Geübt wird laut Jürgen Schönhöfer das ganze Spektrum des Luftkriegs. Da aber die Soldaten nicht vorab wissen, was sie erwartet, sind besonders Planung, Durchführung und Nachbesprechung wichtig: „Passen unsere Taktiken? Können wir zusammenarbeiten?“ Um den Luftraum kennenzulernen, machten Amerikaner und Griechen am Freitag Aufwärmflüge.

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