Ein Tag ohne Apotheken

von Redaktion

VON KATRIN WOITSCH

Gilching – Es gibt viele Gründe, sich zu ärgern. Die Bürokratie, die Honorare, die seit zehn Jahren nicht angepasst wurden, der Medikamentenmangel. Trotzdem geht Stefan Hartmann jeden Tag gerne in seine Apotheke in Gilching. Auch nach Jahrzehnten ist es immer noch sein Traumberuf. Und heute, sagt er, ist er richtig stolz, Apotheker zu sein. Wegen dem großen Zusammenhalt. Nur wenige Apotheken sind heute geöffnet, die meisten beteiligen sich an dem ganztägigen bundesweiten Protest. „Ein bisschen Bammel hatte ich, dass nur die Hälfte mitmacht“, gibt Hartmann zu. Denn dann hätte die Aktion keine Wirkung gehabt.

In seinem Landkreis Starnberg sperren 37 von 39 diesen Mittwoch nicht auf. Doch Hartmann und viele seiner Kollegen werden dennoch vor Ort sein – um Kunden, die trotzdem kommen, zu erklären, warum sie streiken. Dafür haben sie Flyer drucken lassen. Die verteilt der Apotheker schon seit ein paar Tagen an seine Kunden. Auch gestern war wieder viel los in seiner Apotheke. Obwohl der Protest nur einen Tag geht, wollen viele noch vorab ein paar Medikamente kaufen.

Hartmann ist nicht nur Apotheker in Gilching, sondern auch Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Apothekenkooperationen. Er weiß, dass seine Kollegen überall in Deutschland mit den gleichen Problemen kämpfen: Immer mehr Bürokratie. Die Personal- und Sachkosten steigen, doch die Vergütung für rezeptpflichtige Arzneimittelpackungen sind aber seit 2013 nicht angepasst worden. Die Apotheker fordern eine Erhöhung von 8,35 auf 12 Euro. Dazu kommt seit Monaten der Medikamentenmangel. „Etwa 500 Artikel sind nach wie vor schwer zu bekommen“, sagt Hartmann. Weil die meisten Wirkstoffe aus China kommen und die Lieferketten nicht mehr funktionieren. „Wir müssen die Produktion wieder nach Europa zurückholen“, fordert er.

Die Wertschätzung der Politik sei gering, betont er. „Das ist für uns unerträglich. Trotzdem waren und sind wir immer gesprächsbereit.“ Mit dem Protest wollen die Apotheker die Aufmerksamkeit auf die vielen Probleme lenken, von denen ihre Kunden oft nichts mitbekommen. Die Folgen davon werden sie aber spüren. Denn immer mehr Apotheker geben auf. Allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres waren es nur in Bayern 29. Dass der Zusammenhalt nun so groß ist, macht Hartmann optimistisch.

„Wir haben vorab die Hausärzte informiert“, erzählt er. „Sie haben vollstes Verständnis für uns.“ Auch, weil sie ebenfalls mit Bürokratie und Überlastung zu kämpfen haben, vermutet er. Auch von seinen Kunden hat er in den vergangenen Tagen viel Zuspruch bekommen. Die Anerkennung tut gut – aber Hartmann und seine Kollegen würden sie sich vor allem von der Politik wünschen.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) stellt sich hinter sie. Er fordert von der Bundesregierung mehr Unterstützung für die Apotheken. Sie müsse Rahmenbedingungen schaffen, damit insbesondere die Apotheken im ländlichen Raum auskömmlich arbeiten können. „Es ist wichtig, die bewährte flächendeckende Arzneimittelversorgung zu erhalten“, betont er. Hartmann hofft, dass dieser Appell in Berlin ankommt. „Dieser Protesttag heute ist hoffentlich nur der Anfang.“

Notapotheken

sind trotz des Protests heute geöffnet. Eine Übersicht gibt es unter www.aponet.de.

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