München – Seit über sechs Jahren wird schon an der 2. S-Bahn-Stammstrecke gebaut – doch den Bund Naturschutz in Bayern lässt das unbeeindruckt. Im Vorfeld der heutigen Vernehmung von Ministerpräsident Markus Söder im Untersuchungsausschuss fordern die Naturschützer einen „sofortigen Baustopp“, wie es in einer Pressemitteilung heißt. Kosten und Dauer der 2. Stammstrecke seien nicht realistisch einschätzbar, erklärt Landesbeauftragter Martin Geilhufe. Der stellvertretende Vorsitzende der BN-Kreisgruppe München, Thorsten Kellermann, plädiert in derselben Mitteilung dafür, „die Baumaßnahmen am Tieftunnel abzubrechen“. Stattdessen müsse „unverzüglich“ mit dem S-Bahn-Südring begonnen werden.
Nicht ganz so weit gehen die bayerischen Grünen. Ihr Bahnexperte im Landtag, Markus Büchler, hatte nach Bekanntwerden der Kostenexplosion den Baustopp gefordert. Inzwischen schaltet er einen Gang zurück. Die Kosten für eine Rückabwicklung seien nicht seriös kalkulierbar. Von bis zu drei Milliarden Euro ist die Rede. Im Regierungsprogramm der bayerischen Grünen ist nur ein verklausulierter Satz zur Stammstrecke enthalten: „Wir richten die Planung der zweiten S-Bahn-Stammstrecke in München von einem zweiten Tunnel auf einen leistungsfähigen Süd- und Nordring und weitere tangentiale Verbindungen neu aus.“ Büchler interpretiert das so: „Wir würden auf jeden Fall prüfen, ob das Projekt noch zu stoppen ist.“
Als letzter Zeuge wird heute Söder im Untersuchungsausschuss erwartet. Kernpunkt der Befragung dürfte werden, warum er das Desaster lange Zeit unter der Decke hielt. Bereits im Jahr 2020 hatte die Staatskanzlei konkrete Hinweise, dass Kosten und Zeitplan für die Stammstrecke ins Rutschen geraten waren – ging aber nicht an die Öffentlichkeit. Möglicher Grund: Die Stammstrecke wurde als „kein Gewinnerthema“ angesehen, wie es in einem internen Vermerk hieß. dw