Oberschleißheim – Es riecht leicht süßlich am Arbeitsplatz von Mareike Wenning. Die Lebensmittelbiologin nimmt den Geruch schon lange nicht mehr wahr. Sie hat hier im Labor des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Oberschleißheim seit Jahren täglich mit Nährlösungen und Keimkulturen zu tun. Sie und ihre Kollegen untersuchen Lebensmittel auf potenzielle Krankheitserreger.
Aktuell haben sie es mit einem Ehec-Verdachtsfall zu tun. Das Bakterium produziert starke Zellgifte. Ein Kleinkind liegt mit für Ehec typischen Symptomen im Krankenhaus, die Nieren drohen zu versagen. Eine Stuhlprobe wird direkt im Kliniklabor untersucht. Doch in solchen Fällen schaltet sich auch das zuständige Gesundheitsamt ein und veranlasst, dass eine Rückstellprobe der Kita-Lebensmittel ans LGL gesandt wird. Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung, Lebensmittel für solche Untersuchungen zurückzustellen, erklärt Wenning. Krankenhäuser und Kitas machen es aber. Die Proben werden dafür tiefgefroren, erst im Labor werden sie aufgetaut.
Doch bis die Experten einen Nachweis haben, ob Ehec-Bakterien im Essen sind, werden noch ein paar Tage vergehen. Es ist mühsame Detektivarbeit. Und es wird bei so einem Fall auch parallel geforscht, erklärt Abteilungsleiter Ulrich Busch. Zum Beispiel werden auch die anderen Kita-Kinder um Stuhlproben gebeten. Außerdem fragt das Gesundheitsamt ab, ob die Gruppe zum Beispiel in einem Streichelzoo war. „Ehec kann auch übertragen werden, wenn die Kinder Tiere streicheln und die Hand dann mit ihrem Mund in Berührung kommt“, erklärt Busch.
Das LGL ist für die Lebensmitteluntersuchung zuständig. Die Rückstellproben werden erstmal in einem Mixer-ähnlichen Gerät püriert, erklärt Wenning. „Mikroorganismen sind nicht homogen verteilt.“ Für eine Probe werden nur 25 Gramm entnommen. Mit diesem Verfahren sind die Proben aussagekräftiger. Die pürierten Lebensmittel werden in eine Nährlösung gegeben und müssen erst mal für 24 Stunden in den Brutschrank.
In den beiden LGL-Laboren in Oberschleißheim und Erlangen werden aber nicht nur Proben nach Krankheitsausbrüchen untersucht – auch Lebensmittel aus dem Handel werden hier auf Verunreinigungen und Bakterien geprüft. Welche, entscheiden die Experten selbst. „Räucherlachs ist kritischer als Gummibärchen, deshalb landet er häufiger hier “, sagt Wenning. Auch eine Kiste mit Insektenprodukten – von Nudeln bis Grillen-Chips – steht gerade im Labor. Gibt es Beanstandungen müssen die Hersteller die Produkte aus dem Handel nehmen. In gravierenden Fällen kann es zum Rückruf und auch zu Strafen kommen.
Im Ehec-Fall haben die Experten nach zwei Tagen einen ersten Verdacht. Die Proben in den Petrischalen müssen aber erst noch ins molekularbiologische Labor ein Stockwerk höher. Dort werden winzige Kolonien entnommen und in hochmodernen Schnelltestgeräten mit einem Laser untersucht. Schon nach wenigen Minuten haben die Wissenschaftler einen Beweis, ob es sich um ein Coli-Bakterium handelt. Danach wird bei einem etwa zweistündigen PCR-Test weiterermittelt, ob es Ehec ist. Bis das sichere Ergebnis gemeldet werden kann, kann es bis zu einer Woche dauern. Neben der Laborarbeit müssen die LGL-Mitarbeiter viel dokumentieren. „Die Qualitätssicherung macht rund 30 Prozent der Arbeit aus“, erklärt Busch. Hier im Labor ist jeder Ablauf genau vorgegeben – jeder Verdacht muss zweifelsfrei nachgewiesen sein.