München – Migranten seien Messerstecher und „Eigentumsumlagerer“ – diese Hassbotschaft hat ein Mann aus Bayern auf der Facebook-Seite eines Fußballvereins hinterlassen. Ein anderer soll in einer Gruppe auf WhatsApp volksverhetzende und verfassungsfeindliche Sticker verschickt – und so seine Abneigung gegen Juden, Ausländer, Menschen mit Behinderung, die sogenannte Antifa und den Islam zum Ausdruck gebracht haben.
Das sind nur zwei Beispiele von tausenden Hassbotschaften, die pro Jahr im Internet verschickt werden. In beiden Fällen müssen sich die Verfasser – sowie 29 weitere Verdächtige – jetzt vor Polizei und Staatsanwaltschaft verantworten. Bei einem bundesweiten Aktionstag wurden gestern allein in Bayern 28 Wohnungen durchsucht und 31 Verdächtige vernommen, teilt das Landeskriminalamt mit. Die Zahl polizeilich erfasster Verfahren steigt in Bayern stetig: 2020 waren es 1648, 2022 dagegen 2435. In 533 Verfahren von 2022 sind die Täter unbekannt.
Sieben Frauen und 24 Männer zwischen 19 und 72 Jahren wurden gestern in Bayern von der Polizei vernommen. Zwei Frauen und sechs Männer davon leben in München und sind Jugendliche, junge Erwachsene oder älter als 50 Jahre. Sie sollen online Bedrohungen, Volksverhetzung und Beleidigungen begangen und Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen verwendet haben. Ihre Mobiltelefone und Laptops hat die Polizei beschlagnahmt. 31 Durchsuchungen an einem Tag sind eine organisatorische Herausforderung, wie LKA-Sprecher Fabian Puchelt erklärt. „Solche Durchsuchungen nennen wir offene Maßnahmen. Spätestens da weiß jeder Beschuldigte, dass etwas gegen ihn vorliegt“, sagt er. „Nach den Ermittlungen und Erteilung der Durchsuchungsbefehle durch die Staatsanwaltschaft kann man die Beschuldigungen wohl als wasserdicht beschreiben.“
Ob mündlich oder als Schmiererei an einer Hauswand oder eben per Kommentar in sozialen Medien – Aufforderungen zu Straftaten, Bedrohungen, Nötigung oder Volksverhetzung sind keine Kavaliersdelikte, erklärt Puchelt.
Diese können bei Ersttätern mit Geldstrafen in Höhe von mehreren Monatsgehältern oder in schweren Fällen auch mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet werden. Daher ist es auch wichtig, Hass und Hetze anzuzeigen – gerade, wenn es sich um geschlossene Foren oder Gruppen handelt. „Wer im Internet unterwegs ist und Kommentare oder Profile bemerkt, die Inhalte in diese Richtung verbreiten, sollte einen Screenshot machen und das zur Anzeige bringen“, sagt Puchelt.
Der neunte Aktionstag gegen „Hasspostings“ soll mehr Bewusstsein für das Thema schaffen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte: Wer im Netz Hass und Hetze verbreitet, bekommt es mit der Polizei zu tun. Wir zeigen klare Kante gegen Menschenverachtung.“
Faeser machte zudem auf die hohe Dunkelziffer an Fällen aufmerksam, die nicht angezeigt werden. „Wer Menschen beschimpft und beleidigt, wer mit Rassismus und Ausgrenzung Diskussionen vergiftet, der muss die Konsequenzen spüren. Wenn die Polizei vor der Tür steht, ist das ein sehr wirkungsvolles Zeichen: für die Täter, die sich in vermeintlicher Anonymität sicher gefühlt haben, aber gerade auch für die Betroffenen von Hasskriminalität. Ich rufe alle auf, Hasspostings anzuzeigen oder bei Meldestellen zu melden.“
Betroffene können das online tun, etwa bei der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern oder bei der Münchner Fachstelle „Strong! für queere Menschen. CORNELIA SCHRAMM