Piazolo: Grundschul-Englisch bleibt

von Redaktion

VON DIRK WALTER

München – He, she, it – Englisch muss mit. Seit dem Schuljahr 2000/01 gibt es Fremdsprachen-Unterricht an den bayerischen Grundschulen, seit 2005/06 ist Englisch Pflicht. Je zwei Stunden in der Woche sind in den dritten und vierten Klassen fest in der Stundentafel verankert. Doch das sei nicht in Stein gemeißelt, findet der scheidende Präsident des Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger. Er sagt unserer Zeitung, es sei „aktuell besser, wenn diese Stunden in den Lese-Unterricht investiert werden“. Die Studien seien eindeutig: „Der frühe Fremdsprachen-Unterricht hat nichts gebracht“ – die Englisch-Lehrer in den weiterführenden Schulen müssten quasi wieder bei null anfangen.

Die Debatte über die Sinnhaftigkeit von Grundschul-Englisch gibt es schon länger, durch die jüngste „Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung“ (Iglu) hat sie Mitte Mai neue Nahrung bekommen. Die Leseleistungen der Viertklässler in Deutschland sind demnach seit 2016 und gegenüber der ersten Erhebung vor 20 Jahren gesunken. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland nur im Mittelfeld. Ein Viertel erreicht nicht den Standard für eine Lesekompetenz. Eine eigene Auswertung für Bayern gibt es bei den Iglu-Studien traditionell nicht – es ist aber nicht zu erwarten, dass Bayern aus der Reihe tanzen würde.

Trotz dieser Resultate widerspricht Kultusminister Michael Piazolo (FW) aber denjenigen, die die Stundentafel an den Grundschulen jetzt ändern wollen. „Ziel darf es nicht sein, dass wir die Fächer gegeneinander ausspielen“, sagt er unserer Zeitung. „Ich sehe in Bayern auch im Hinblick auf die umfangreiche Stundentafel der Grundschule in den Fächern Deutsch und Mathematik keine Notwendigkeit, den Englischunterricht abzuschaffen.“

Piazolo verweist auch auf eine weitere Studie: den im Dezember 2022 veröffentlichten „IQB-Bildungstrend 2021“, der eine Bundesländer-Rangliste enthielt. Bayern lag dabei mit Sachsen in allen überprüften Bereichen – Lesen, Zuhören, Rechtschreiben, Mathematik – vorne. Allerdings: Der Vergleich mit früheren Studien ergab, „dass die Kompetenzwerte der Viertklässler in den Fächern Deutsch und Mathematik abgenommen haben“, wie Piazolo einräumen musste. Meidinger weist außerdem auf ein Spezialergebnis der IQB-Studie hin: In der Kompetenz Zuhören landeten bayerische Schüler mit Migrationshintergrund auf dem viertletzten Platz. „Wir schaffen es nicht, diese Gruppe zu fördern“, sagt Meidinger.

Vor Ort, an den Grundschulen, wird die Problematik im Prinzip ähnlich gesehen. „Ich verstehe die Forderung, wir wünschen uns alle mehr Zeit für grundlegenden Unterricht in Mathe und Deutsch“, sagt beispielsweise Sabine Höfner, Rektorin der Grundschule Kirchplatz in Ismaning. Das wäre aber nur möglich, wenn sich die Rahmenbedingungen ändern und mehr Lehrer zugeteilt würden.

Die Rektorin erinnert daran, dass Deutsch früher in der Grundschule sieben Stunden in der Woche unterrichtet wurde – als Englisch Pflicht wurde, knapste man eine Stunde ab, jetzt sind es also sechs Wochenstunden. Mehr Deutsch wäre durchaus sinnvoll – aber das gehe eben nur mit mehr Lehrern. Englisch zu streichen, findet die Lehrerin in der heutigen Zeit der Globalisierung nicht zeitgemäß.

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