Starnberg – Marie und Philip Nowaschewski schwimmen, tauchen und planschen fürs Leben gern. Dass die Geschwister, elf und acht Jahre jung, dabei einmal ein Leben retten würden, konnte niemand ahnen. Aber so ist es geschehen am vergangenen Samstagabend im Starnberger Seebad.
Die Eltern von Marie und Philip hätten sich auch einen gemütlichen Tagesausklang daheim vorstellen können. „Die beiden wollten ins Hallenbad, sie haben uns überredet“, erzählt Tobias Nowaschewski. Dann schildert der Vater, was gegen 19.30 Uhr passierte: Er und seine Frau sitzen neben dem kleineren Becken im Seebad, unterhalten sich und schauen ihren Kindern beim Tauchen zu. Auf einmal hören sie sie schreien: „Mama, Papa, mit dem stimmt was nicht!“ Marie und Philip meinen den vierjährigen Buben, den sie zusammen über Wasser halten. Er trägt keine Schwimmflügel und kann in dem für Erwachsene seichten Becken nicht stehen. Tobias Nowaschewski springt auf und zieht den Jungen raus.
„Ich habe ihn röcheln gehört“, erzählt der 36-Jährige ein paar Tage später. Mehrere Sekunden lang war der Bub, der zu einer Gruppe Urlauber aus Nordrhein-Westfalen gehörte, mit dem Kopf unter Wasser. Er wäre wohl ertrunken, hätten Marie und Philip nicht so schnell reagiert. Die Eltern sind stolz auf die beiden Lebensretter, die Kinder selbst reden nicht viel über den Vorfall, sagt der Papa: „Sie brüsten sich nicht damit.“
Sabine Haas arbeitet seit 24 Jahren als Fachangestellte für Bäderbetriebe im Starnberger Hallenbad. Am Samstag hatte sie mit mehreren Kollegen Aufsicht. „Wir waren gut besetzt und sind vorschriftsmäßig kontinuierlich um die Becken herum gegangen“, erzählt sie. Der Vierjährige müsse in dem Moment untergegangen sein, als ein Kollege gerade an ihm vorbei war, also in dessen Rücken. Und ohne dass es seine Eltern sofort mitbekamen. „Den Kindern gilt ein dickes Lob. Sie haben sensationell richtig gehandelt. Man müsste sie ehren“, sagt die 49-Jährige.
Als der Vater von Marie und Philip ihr den Bub brachte, setzte sie sofort den Notruf ab. „Bei Kleinkindern gibt es keinen Handlungsspielraum.“ Ein Rettungshubschrauber und die Feuerwehr wurden alarmiert. Der Kindernotarzt diagnostizierte laut Polizeibericht nur „leichte Verletzungen“, der Bub wurde sicherheitshalber im Krankenhaus untersucht und überwacht.
Dass ein Vierjähriger nicht schwimmen kann, ist nicht ungewöhnlich. Dass dies aber auch für viele Acht- bis Zwölfjährige gilt, stellen die Bademeister im Seebad laut Sabine Haas immer wieder fest. „Das Schwimmkursangebot ist durch Corona verzerrt. Es gibt Wartelisten von bis zu einem Jahr.“ Dazu komme, dass viele Menschen – auch Erwachsene – ihre Fähigkeiten überschätzen würden. „Bei uns werden täglich Leute aus den tiefen Becken rausgeschmissen“, sagt Haas. „Wir sind da rigoros.“ Sie selbst beobachte die Badegäste genau und sortiere sie gedanklich in gute und weniger gute Schwimmer.
Tobias Nowaschewski sagt: „Es war uns sehr wichtig, dass unsere Kinder gut schwimmen können.“ Deshalb hätten die beiden Geschwister im Alter zwischen drei und fünf Jahren einen Kurs gemacht – Marie bei einem privaten Schwimmlehrer im Pöckinger Hallenbad und Philip bei der Starnberger Wasserwacht.