Können E-Autos inzwischen Langstrecke?

von Redaktion

Der große Elektro-Versuch: Unser Autor ist an einem Tag von München aus fast 1000 Kilometer gefahren

München – Ist Elektromobilität inzwischen reisetauglich? Das soll die ED 1000 beantworten, eine jährliche Fahrveranstaltung des „Electric Drive Magazins“. Die dritte Auflage der 1000-Kilometer-Tour führte ins deutsch-österreichische Grenzgebiet. Neu: Insgesamt 5000 Höhenmeter wollten bewältigt sein.

Wir waren in einem neuen Opel Astra GS unterwegs, der gerade erst vorgestellt wurde. Wir – das sind Axel Seegers von Opel und der Autor dieses Textes. Das Auto: 115 kW (156 PS), ab 45 060 Euro, liegt im für die Fahrzeuggattung üblichen Bereich. Die Batterie fasst 54 Kilowattstunden und lässt sich am Schnellader mit bis zu 100 Kilowatt laden.

Unsere Strategie: Wir rechnen mit vier Ladepausen, wollen bei einem Start um 6.30 Uhr vor Sonnenuntergang wieder an der Motorwelt in München ankommen. Und vor allem: Wir wollen die 14,8 kWh auf 100 Kilometer schlagen, die als Normreichweite beim Astra angegeben sind.

Das ist zunächst schwieriger als gedacht. Erste Etappe vom Münchner Norden übers Allgäu nach Österreich. Alles Autobahnen: A 99, A 96, A7. Was man als Fahrer beim Auf und Ab nicht merkt: Es geht in Richtung Alpenhauptkamm Höhenmeter für Höhenmeter aufwärts. Das zehrt an der Batterie. Wir drosseln das Tempo. Nicht mehr 120 Sachen, 110 sind das Maß der Dinge.

Tirol, noch rund 80 Kilometer Reichweite. Zwei Schnelllademöglichkeiten zeigt die App an. Heiterwang und Leermoos. Wir nehmen die erste. Es ist 8.56 Uhr, 230 Kilometer sind geschafft. Genug Ladesäulen, keine genutzt. Eine 20-Minuten-Kaffeepause später: knapp über 80 Prozent in der Batterie.

Zweite Etappe: An der Zugspitze vorbei nach Garmisch-Partenkirchen. Nun folgt das wirkliche Höhentraining: Mittenwald, Scharnitz, Seefeld, Innsbruck, übers Inntal zurück nach Kiefersfelden, von dort weiter nach Salzburg. Das Aha-Erlebnis am Zirler Berg: Abwärts über 20 Kilometer Restreichweite gewonnen. Der Verbrauch sinkt unter 14, liegt bald sogar nur noch knapp über 13 kWh. Die Inntalautobahn mit ihrer strengen Tempo-100-Regelung hält den Verbrauch weiterhin niedrig, kostet aber Zeit.

Es wird warm in der Mittagshitze. Fenster auf. Die Klimaanlage bleibt aus, ist ja ein Stromfresser. Am Chiemsee und Salzburg vorbei kommen wir um 13.25 Uhr zur Mittagspause an der Raststätte Walserberg an. Die Ladesäulen brauchen mehrere Versuche. Doch dann sind nach der ausgiebigen Mittagspause mehr als 90 Prozent in der Batterie. Genug, um über Linz und Passau zurück nach Bayern zu kommen.

Der Rest verläuft unspektakulär. Wir sind nicht die Ersten zurück in der Motorwelt, haben aber alle Ziele mehr als erreicht: Die Sonne steht noch am Horizont, 32 Prozent Restladung. 947 Kilometer bewältigt mit Pausen, in gut 14 Stunden. Gefahrener Durchschnitt 87 km/h. Statt vier brauchten wir nur drei Ladestopps, und der Verbrauch lag mit 13,1 kWh unter dem Normwert.

Es war auch Glück dabei. Die Lademöglichkeiten funktionieren, wenn auch einmal erst beim dritten Versuch. Anderen ging es schlechter. Ein Team musste siebenmal an die Säule und mehrfach mit Fehlermeldungen. Nicht alle Ladedienstleister vertragen sich mir jedem Auto.

Fazit: Elektroautos sind langstreckentauglich. Die Ladeinfrastruktur ist noch nicht optimal, aber besser als ihr Ruf. Und dann noch ein frommer Wunsch: Auch wenn’s Schnellladen heißt: Es dauert länger als Tanken. Eine Toilette und ein Automat für Getränke und Snacks sollte Pflicht sein. Gibt’s aber leider nicht überall. MARTIN PREM

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