Seuchen-Ärger mit dem Rechnungshof

von Redaktion

Unangenehmer Prüfbericht: Veterinärverwaltung schlecht auf große Krisen vorbereitet

München – Keine gute Nachricht in Zeiten näher rückender Schweinepest: Bayern ist gegen Tierseuchen nur unzureichend gerüstet. Der Oberste Rechnungshof hat in einer umfangreichen Prüfung gravierende Defizite bei den Behörden festgestellt. Verpasste Schulungen, abgelaufenes Material, verplemperte Millionen: In einer umfangreichen „Beratenden Äußerung“ schlagen die unabhängigen Prüfer Alarm.

Der 47-seitige Bericht soll heute vorgestellt werden, er ist seit gestern Nachmittag einsehbar und liegt unserer Zeitung vor. Kernproblem: Vieles ist in Bayerns Veterinärverwaltung zu kleinteilig organisiert. Lokal zuständig sind 85 Kreisverwaltungsbehörden. Was sie an Material im Kampf gegen Tierseuchen bräuchten, bestellten sie „bisher überwiegend gleichartig in oft kleinen Mengen bei gleichen Lieferanten“, hat der Rechnungshof ermittelt. Wenn jedes Amt einzeln Schutzkleidung besorgt, werden „Mindermengenzuschläge“ fällig. Zu schlecht abgestimmt ist demnach auch der Einkauf von Zäunen für den Fall eines Seuchenausbruchs.

Eingelagert sei zu erheblichen Teilen „abgelaufenes Material“, das im Seuchenfall nicht eingesetzt, sondern entsorgt werden müsste. Das betrifft unter anderem Desinfektionsmittel, Overalls und Material zur Blutentnahme. Zudem fehlt eine zentrale Datenbank, was wo lagert. Es gibt auch „erhebliche Defizite“ bei der Datenerfassung der über 200 000 nutztierhaltenden Betriebe.

Ein abwegiges Konstrukt ist ein Seuchenausbruch nicht. Die Afrikanische Schweinepest wütet in vielen Ländern Europas, in Russland wurden jüngst 100 000 Hausschweine getötet. Der Rechnungshof verweist auch auf das Einschlepp-Risiko der Maul- und Klauenseuche.

Was zynisch klingt, aber präzise von den Prüfern berechnet wurde: Das Umweltministerium hat mehrere Millionen Euro dafür rausgehauen, externe Dienstleister für massenhafte Tiertötungen bereitzuhalten. „Standby-Kosten“ von 2,3 Millionen Euro binnen zehn Jahren fielen für drei Rahmenverträge an, um im Ernstfall auf Personal und Material zugreifen zu können, um größere Bestände zu keulen. Mit einem externen Dienstleister machte das Ministerium schlechte Erfahrungen, schloss dann aber einen außergerichtlichen Vergleich über 674 000 Euro – und gleich den nächsten, noch teureren Vertrag. Der Rechnungshof hat dafür kein Verständnis. Die Ministerialen unter Führung von Thorsten Glauber (Freie Wähler) halten das für angemessen.

CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

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