Bayerns Klima im Jahr 2050

von Redaktion

Mehr Hitzetage und Starkregen: Welche Herausforderungen auf uns zukommen

München – Um vorauszusagen, wie Bayern im Jahr 2050 aussehen wird, wäre eine Kristallkugel nötig. Doch wie sich das Klima bis dahin verändern wird, lässt sich ausrechnen. Dank der Messdaten, die an vielen Orten in Deutschland und Europa erhoben werden. Und dank Klimamodellen, die aus diesen Werten Zukunftsszenarien entwickeln.

Die Daten hat das Bayerische Landesamt für Umwelt gesammelt und auswerten lassen. Je nachdem, ob bis 2050 kein zusätzlicher, gemäßigter oder starker Klimaschutz betrieben wird, verändert sich auch die Projektion für 2050, erklärt LfU-Sprecher Frank Bäse. Am deutlichsten sichtbar wird das bei den Hitzetagen, mit denen wir künftig zurechtkommen müssen. Für das schlechteste Szenario ohne Klimaschutzmaßnahmen wird die Zahl der Hitzetage pro Jahr deutlich steigen. Davon sprechen Meteorologen, wenn die Temperatur über 30 Grad steigt. Aktuell liegt dieser Wert für die Stadt München bei 4. 2050 würde er auf 13 steigen. Im Norden Oberbayerns sogar auf 15 oder 16. Und noch heißer wird es künftig in Franken werden – wo schon heute meistens die Höchsttemperaturen gemessen werden. „Es gibt große regionale Unterschiede“, erklärt Bäse. In höheren Lagen sind die Temperaturen niedriger. Am Alpenrand wird die Zahl der Hitzetage zwar auch steigen – aber auf 5.

Unterschiede gibt es auch bei den Starkregen-Tagen. Die sind allerdings weniger präzise vorauszusagen. Wo sich Gewitterzellen entladen, ist schwer vorhersehbar. Gute Voraussetzungen für Starkregen gibt es dort, wo sich die Oberflächen stark erhitzen können. Durch die Hitze entsteht Thermik und die trägt zur Wolkenbildung bei, erklärt Bäse. Wenn die Temperatur steigt, steigt auch die Luftfeuchtigkeit und das Risiko für Starkregen. Die Zahl der Starkregen-Tage steigt zwar auf den ersten Blick nach den Berechnungen nur minimal. In der Landeshauptstadt von 5 auf 6, im Kreis Garmisch-Partenkirchen von 13 auf 14. Doch jedes einzelne Starkregen-Ereignis kann verheerende Schäden anrichten. Deshalb sind langfristige Projektionen wie die des LfU so wichtig für viele Kommunen, um über Schutzmaßnahmen entscheiden zu können.

„Die ermittelten Daten sind eindeutig“, sagt LfU-Sprecher Bäse. Schon von 1951 bis 2019 wurde eine Erhöhung um 1,9 Grad gemessen. Dieser Trend wird sich fortsetzen – je nach Klimaschutzmaßnahmen unterschiedlich stark. Ob es bereits zu spät ist, um das bestmögliche Szenario noch erreichen zu können, traut sich Bäse nicht zu beurteilen. „Es ist extrem schwer zu sagen, ob es noch 5 vor 12 oder schon 5 nach 12 ist.“ Klar sei aber, dass sich das Klima und die Lebensgrundlagen in Bayern entscheidend verändern werden, wenn nicht mehr Anstrengungen in den Klimaschutz gesteckt werden. Diese Veränderungen werden fast alle Lebensbereiche betreffen.

Landwirtschaft

Bayerns Landwirte kämpfen schon jetzt mit Hitzesommern und kalten Frühjahren. Wegen der langen Regenphase im März und April war die Aussaat dieses Jahr erst später möglich, sagt Ralf Huber aus Allershausen im Kreis Freising. „Wenn diesen Sommer noch eine Hitzewelle dazukommt, wird die Ernte definitiv schlecht ausfallen.“ Viele Landwirte machen sich bereits Gedanken über klimaresistentere Sorten, berichtet Huber. „Wir müssen uns auf den Klimawandel vorbereiten.“ In einigen Regionen werden Äcker auch bewässert. „Das ist aber immer eine Frage der Wirtschaftlichkeit.“ Von einigen Kollgen aus Franken hat Huber schon gehört, dass sie sich fragen, wie lange sie ihre Landwirtschaft noch betreiben können.

Gewässer und Fische

Um in die Zukunft zu blicken, muss sich Axel Bartelt, der Präsident der bayerischen Fischer, nur an den vergangenen Sommer erinnern. Während der wochenlangen Hitzephase sind viele kleinere Gewässer in Bayern ausgetrocknet, etliche Fische verendeten. Für andere wurde die Situation lebensgefährlich. „In der Isar stieg die Temperatur auf über 21 Grad“, erinnert er sich. „Für die Bachforellen wird es ab diesem Wert kritisch.“ Fische, erklärt Bartelt, haben einen sehr beschränkten Lebensraum. Nur 1,73 Prozent der Landesflächen sind Gewässer. „Sie können nicht wie Vögel ausweichen, wenn sich das Klima verändert.“ Deshalb macht sich der Fischerei-Präsident große Sorgen, wenn er die Zukunftsszenarien hört. „Bäume am Ufer sind sinnvoll, sie schützen vor Sonneneinstrahlung.“ Langfristig werde es wohl Veränderungen der Fischbestände geben. Waller zum Beispiel sind hitzeresistenter als andere Arten.

Auch die Fischzucht wird sich verändern. Alfred Stier hat für seine Zucht in der Oberpfalz bereits in Hallen investiert. „Wenn es viele Hitzetage gibt, bekommen wir Züchter große Probleme.“ In vielen Gewässern entstehen dann Algen – und ein Sauerstoff-Ungleichgewicht. Stier fürchtet, dass die klassische Teichwirtschaft in zehn Jahren nicht mehr möglich ist.

Wälder

Das Gesicht der bayerischen Wälder wird sich verändern, das steht für Klaas Wellhausen fest. Er leitet die Abteilung Boden und Klima bei der Landesanstalt für Wald und Forsten. Szenarien wie die des LfU spielen für die Waldplanung eine wichtige Rolle. Schon seit Jahren werden viele Kiefern und Fichten durch wärmeresistentere Buchen ersetzt, berichtet er. „Doch auch sie kommen an eine Grenze.“ Noch besser können Eichen mit der Hitze umgehen. Und auch mit anderen Arten wie Baumhasel, Libanonzeder oder Esskastanie wird experimentiert. „Das sind Arten, die vor allem im mediterranen Raum wachsen“, erklärt er.

Gesundheit der Menschen

Intensive Hitzesommer machen vor allem Senioren und chronisch Kranken schwer zu schaffen, sagt Jörg Schelling, Hausarzt aus Martinsried. Schon die vergangenen Sommer musste er häufiger zu Hausbesuchen ausrücken. Angehörige, Nachbarn und Pflegedienste werden künftig noch mehr gefragt sein, glaubt er. „Sie müssen sich mehr kümmern.“ Die intensiven Hitzesommer werden aber alle gesundheitlich spüren. „Bei tropischen Nächten können viele nicht schlafen, wenn die Erholungsphasen fehlen, wirkt sich das auf Leistung und Wohlbefinden aus.“

KATRIN WOITSCH

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