Hochzeit wenige Stunden vor dem Tod

von Redaktion

Starnberg/Schongau – „Einen schöneren Tod kann man sich nicht vorstellen“ – so beschreibt Christoph Formberg die letzten Stunden mit seiner Ehefrau Susanne Bischof im Klinikum Starnberg. Nur sieben Stunden nach der Nottrauung auf der Palliativstation starb sie an Krebs. Den Bund für das Leben zu schließen, auch wenn es am Ende des Lebens war – für die 50-Jährige und ihren Lebensgefährten aus Schongau war das im Juli vergangenen Jahres ein Geschenk.

„Sehr altmodisch“ hatten sich die beiden im Jahr 2015 bei einer Veranstaltung zur beruflichen Umorientierung kennengelernt. „Der Raum war mindestens für 100 Menschen bestuhlt, aber nur 15 Plätze waren belegt“, erinnert sich der 61-Jährige. Susanne Bischof ging direkt auf ihn zu und fragte ihn: „Ist bei Ihnen noch etwas frei?“ Durch eine Aufgabenstellung im Seminar mussten die beiden gemeinsam für eine „Hausaufgabe“ telefonieren. Schnell folgten private Treffen. „Wir haben nur wenige weitere Begegnungen gebraucht und uns war klar, dass ich nach Bayern ziehen werde“, erinnert sich der gebürtige Rheinländer mit einem Lächeln. „Zusammen haben wir das Leben in vollen Zügen genossen und Pläne geschmiedet.“

Auch das Thema Hochzeit wurde immer konkreter. Die beiden wünschten sich ein großes Fest, doch die Pandemie verhinderte das. Ende 2021 veränderte ein Missgeschick dann ihr Leben. Susanne Bischof prallte versehentlich gegen eine Türklinke, verspürte kurz darauf eine Verdickung in der Brust und ging sicherheitshalber zu ihrer Frauenärztin. Die Untersuchungen bestätigten die Befürchtung: Brustkrebs. Es folgten eine Chemotherapie und eine Bestrahlung. „Susanne hat alles sehr gut vertragen, wir konnten weiterhin viel unternehmen“, erzählt Formberg. Sogar an den Gardasee sind sie gefahren. Sie hatten das Gefühl, dass die 50-Jährige die Krankheit überstehen würde. „Nur die letzten zwei Wochen waren anstrengend, vor allem durch die Wassereinlagerungen in den Beinen“, erzählt Formberg.

Susanne Bischofs Gesundheitszustand verschlechterte sich plötzlich immer weiter. Am 13. Juli vergangenen Jahres wurde sie auf der Palliativstation im Klinikum Starnberg aufgenommen. Dort gehe es nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben zu schenken, sagt Schwester Christina Kunte, die das Paar betreute. Ein interdisziplinäres Team aus Pflegenden, Ärzten, Physiotherapeuten, Sozialdienst, Seelsorge und Atemtherapie kümmerte sich auf der Palliativstation um die Patienten. Neben all den symptomlindernden medizinischen Maßnahmen versuchen sie, den Patienten mit Kleinigkeiten viel Freude zu bereiten. „Auch den richtigen Trost oder gemeinsames Schweigen schätzen die Patienten in solchen Momenten sehr“, sagt Kunte. „Wir bekommen so viel Dankbarkeit und Zuspruch von den Patienten und Angehörigen zurück. Das gibt uns Kraft, unseren Beruf weiterhin mit ganzem Herzen auszuüben.“

Eine der wichtigsten Aufgaben des Palliativteams ist es, genau zu beobachten, was die Patienten am Ende des Lebens brauchen oder sich wünschen. Bei Susanne Bischof war das die Hochzeit mit ihrem Christoph. Standesbeamtin Ursula Schnettler sagte nicht nur sofort zu, sondern schaffte es auch, alle notwendigen Unterlagen aus dem Rheinland rechtzeitig zur kurzfristig geplanten Hochzeit zu bekommen. Um 16.30 Uhr war es dann so weit: die Hochzeit im Aufenthaltsraum der Palliativstation wurde zelebriert – mit Christina Kunte als Trauzeugin.

Nur sieben Stunden nach der Hochzeit schlief Susanne Bischof friedlich ein. „Einen schöneren Tod kann man sich nicht vorstellen“, sagt Christoph Formberg noch einmal. Auch für Schwester Christina Kunte war dieser Tag ganz besonders. „Wir konnten Susanne Bischofs sehnlichsten Wunsch erfüllen“, betont sie.

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