München – Wer kriegt Sozialhilfe? Müssen die Kinder für ihre Eltern sorgen? Yvonne Knobloch, Leiterin des Ressorts Leben im Alter beim VdK Bayern, gibt Antworten.
Kann die Heimleitung einfach die Kosten erhöhen?
Ja, da haben Heimbewohner eigentlich keinen Spielraum. Laut Gesetz müssen die Kosten angemessen sein. Eine Grenze dafür ist aber nicht definiert. Normalerweise haben die Betreiber die Kostenerhöhung mit Pflegekassen und Sozialhilfeträgern vorher abgesprochen. So war es auch jetzt.
Kommt der Preissprung für Sie überraschend?
Nein. Es müssen die steigenden Kosten für das Personal, aber auch für Lebensmittel und so weiter gedeckt werden. Es wird auch noch weitere Kostensprünge geben, vielleicht schon im Herbst, ziemlich sicher zum 1. Januar.
Was ist, wenn die Rente nicht reicht, um den Heimplatz zu bezahlen?
Betroffene können beim Bezirk einen Antrag auf Sozialhilfe, die sogenannte Hilfe zur Pflege, stellen. Wenn sie Vermögen besitzen, bekommen sie allerdings nichts.
Was ist mit dem Haus? Muss man das verkaufen?
Wenn es nicht vom Partner oder der Partnerin bewohnt wird, ja. Wenn es leer steht, müsste man es vermieten oder verkaufen, um damit die Kosten der Pflege zu finanzieren.
Gibt es keine Grenzen? Muss alles für den Pflegeplatz geopfert werden?
Es gibt ein Schonvermögen von 10 000 Euro. Das darf man behalten. Das kann Bargeld sein oder eine Lebensversicherung. Oder Schmuck, Wertpapiere oder Kunstwerke. Übersteigt der Wert die Grenze, muss das verkauft werden.
Wenn außer dem Schonvermögen nichts mehr da ist, müssen dann die Verwandten einspringen?
Ja, die Kinder. Allerdings geht der Bezirk erst einmal in Vorleistung. Wer dann einen Antrag auf Hilfe zur Pflege stellt, muss angeben, wie viele Kinder er hat. Der Bezirk prüft deren Einkommen: Verdient das Kind mehr als 100 000 Euro im Jahr, muss es für den Pflegeplatz bezahlen. Die Schwiegertochter oder der Schwiegersohn sind außen vor, das war früher anders.
Das belastet die Familien unter Umständen natürlich schon…
Natürlich. Und dann ist die Qualität der Pflege aufgrund des Personalmangels oft mangelhaft – die Angehörigen zahlen viel Geld und wissen nicht, ob der Pflegebedürftige wirklich gut versorgt ist.
Ist häusliche Pflege die günstigere Alternative?
Nur, wenn die Angehörigen mitpflegen können. Eine 24-Stunden-Pflege ist keine günstigere Alternative, da die Kosten auch kräftig gestiegen sind. Da ist nicht mehr viel Unterschied zum Heim.
Erstaunlicherweise lohnt sich Pflege für Heimbetreiber ja nach wie vor…
Ja, das ist für mich überhaupt nicht zu akzeptieren. Es ist ungeheuerlich, dass ich mehr Geld mache, wenn ich weniger Pflegerinnen und Pfleger einstelle und die Qualität niedrig halte. Aber es müssen auch immer mehr Heimbetreiber Insolvenz anmelden. In vielen Heimen stehen Betten leer, weil das Personal fehlt. Das muss natürlich ausgeglichen werden.
Interview: Carina Zimniok