Teure Tickets gegen das Park-Chaos

von Redaktion

VON KATRIN WOITSCH

Jachenau/Bayrischzell – Als die Gemeinde Jachenau am Südufer des Walchensees eine Parkgebühr von fünf Euro einführte, hat das den Kaffee in Christine Fischers Waldschänke für die Gäste plötzlich sehr teuer gemacht. Sie mussten erst mal fünf Euro für die Mautstraße zahlen, dann noch die Gebühr. Die Wirtin spürte sofort, dass deutlich weniger Gäste kamen, wenn die Hauptsaison und das Badewetter vorbei waren. Also bat sie die Gemeinde, nachzubessern. Seit März gibt es deshalb nun ein kostenloses Zwei-Stunden-Ticket für den Ausweich-Parkplatz vor der Mautstation in Niedernach. „Parkgebühren müssen eben immer wieder nachjustiert werden“, sagt Rathaus-Geschäftsführer Felix Kellner.

Die Gebühren am Südufer des Walchensees hätten geholfen, das Parkchaos in den Griff zu bekommen, berichtet er. „Es geht nun viel gesitteter zu, einige Ausflügler sind aufs Rad umgestiegen.“ Und das Verständnis ist groß, sagt Kellner. Trotzdem ist das Verkehrsproblem noch nicht überall entschärft, räumt er ein. An der oberen Mautstelle bei Einsiedl staut sich der Verkehr an besucherintensiven Tagen manchmal bis zur Bundesstraße, berichtet er. „Da fehlt uns noch eine gute Idee.“

Auch in vielen anderen Ausflugsregionen kämpfen Gemeinden mit überfüllten Parkplätzen und Straßen. Stephan Märkl (CSU), Bürgermeister in Grainau im Landkreis Garmisch-Partenkirchen, und seinen Mitarbeitern ist aufgefallen, dass immer mehr Autos mit Fahrradständern tagelang auf einem der Parkplätze im Ort abgestellt sind. Sie recherchierten ein bisschen – und konnten es kaum glauben, als sie den Grund dafür herausfanden: In Internetforen wird Grainau Alpen-Überquerern als Geheimtipp empfohlen, um das Fahrzeug kostengünstig zu parken. Dazu kommt noch der normale Ausflugsverkehr. Die Gemeinde sah keine andere Möglichkeit, als die Parkgebühren anzuheben, um die Besucher zu lenken. Seitdem kostet das Parken am Eibsee tagsüber acht Euro für vier Stunden, plus einem Euro pro weiterer Stunde. In Hammersbach, wo sich der Zugang zur viel besuchten Höllentalklamm befindet, werden je nach Parkdauer sogar 13 bzw. 19 Euro fürs Tages- oder 24-Stunden-Ticket verlangt. „Auf diese Weise hoffen wir, die Leute dazu zu bringen, mit Bus oder Zugspitzbahn anzureisen“, sagt Märkl.

Die Gemeinde Farchant arbeitet ebenfalls mit Parkgebühren – will aber die Einheimischen damit nicht belasten. Deshalb gibt es dort auf den Parkplätzen den sogenannten Gassigeher-Tarif: 50 Cent für zwei Stunden. Das komme gut an, berichtet Bürgermeister Christian Hornsteiner (CSU). Alle anderen Parkgebühren sind an die der Nachbarorte angepasst.

Im Landkreis Miesbach setzen sie auf modernste Technik, um die Besucher zu lenken. Das 664 000 Euro teure Projekt „Smarte Tourismus Region“ wird vom Wirtschaftsministerium gefördert, die Alpenregion Tegernsee Schliersee hatte sich darauf beworben und im Herbst 2021 den Zuschlag bekommen. Das System soll Besuchern mithilfe Künstlicher Intelligenz Tage im Voraus anzeigen, welche Ziele in der Region wann mutmaßlich überlaufen sind – und es bietet Alternativen an. An 35 Standorten im Landkreis erfassen Kameras, wie voll Parkplätze sind und wie fließend der Verkehr läuft. Es werden keine Bilder aufgezeichnet, nur Informationen gesammelt, die in eine Datenplattform fließen. Dort werden sie mit den Infos über Wetter und Baustellen kombiniert. Auch Veranstaltungen wie die Seefeste sollen in die Berechnungen einfließen.

Zuständig für dieses Projekt ist das Kommunalunternehmen Regionalentwicklung Oberland. Die Sensorik ist bereits da, die Daten werden gesammelt. Bedient werden sollen alle Kanäle, Social Media, relevante Webseiten. Damit wollen die Projektverantwortlichen den Fehler beseitigen, den der vor einigen Jahren mit großem Tamtam vorgestellte Ausflugsticker hatte: Der erwies sich als Reinfall, weil die Daten händisch eingetragen werden mussten und die Infos oft veraltet waren. Die Besucherlenkung in der Smarten Tourismus Region soll automatisch erfolgen und Ende des Jahres beginnen. Im nächsten Schritt könnte sie über den Kreis Miesbach hinaus ausgebaut werden. (mit ast/tab/dak/nap)

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