Neue S-Bahn: Zuschlag für Siemens

von Redaktion

VON DIRK WALTER

München – Dass die S-Bahn neue Züge benötigt, ist kein Geheimnis. Die jetzige Baureihe 423 stammt aus den 1990er-Jahren, die Lebensdauer der 238 Züge neigt sich langsam dem Ende zu. Behelfsweise hat die S-Bahn zwei Dutzend alte Olympia-S-Bahnen der Baureihe 420 reaktiviert. Außerdem werden ab Ende des Jahres umgebaute S-Bahnen aus Hannover die Münchner Flotte verstärken – von 15 Zügen war einst die Rede.

Nun wurde über einen Umweg bekannt, dass die Deutsche Bahn den Zuschlag für den Bau der Züge an Siemens Mobility erteilt hat – und zwar schon im Januar. Diese Entscheidung wurde indes vom französischen Zughersteller Alstom angefochten. Kurz gesagt hatte Alstom offenbar billigere Fahrzeuge angeboten, war aber wohl teurer bei Energie, Instandhaltung und Reinigung als Siemens. In einem sogenannten Nachprüfungsverfahren hat die Vergabekammer Südbayern den Antrag letztlich zurückgewiesen. „Der EU-weite Ausschreibungs- und Vergabeprozess ist jetzt abgeschlossen“, bestätigte ein Bahnsprecher unserer Zeitung. „Hersteller der neuen S-Bahnen wird Siemens Mobility.“ Genaueres wollen Bahn, Bayerische Eisenbahngeselllschaft und Siemens am 2. August bekannt geben.

Der Auftrag dürfte einen Milliardenwert haben. Er stärkt Siemens Mobility mit seinen Standorten Erlangen (Ingenieurleistungen) und Krefeld (Fertigung). Das Werk München-Allach ist auf Loks spezialisiert.

Im Unterschied zu den bisherigen S-Bahnen sollen die neuen Züge als Langzug-Version gebaut werden, also 200 bis 210 Meter lang. Ähnlich wie bei den neuen Münchner U-Bahnen kann man also von vorne bis hinten durchlaufen. Weiterer Vorteil: weil auf insgesamt vier führerstände und zwei Kupplungsstellen verzichtet werden kann, passen mehr Fahrgäste in so einen Zug. „Sie bieten viel Kapazität und Komfort und werden mit moderner Fahrgastinformationstechnik ausgestattet“, ergänzt der Bahnsprecher.

Ursprünglich war vorgesehen, dass ab Ende 2026 die ersten Fahrzeuge auf dem Streckennetz der S-Bahn unterwegs sind und Stück für Stück die älteren Fahrzeuge ablösen. Ob der Zeitplan zu halten sein wird, ist jedoch zweifelhaft.

Die Beschaffung der neuen Züge ist Bestandteil des 1. Münchner S-Bahn-Vertrages, der zwischen Deutscher Bahn und Freistaat 2020 abgeschlossen worden war. Darin wurde geregelt, dass die DB im Auftrag des Freistaats die neue Fahrzeuggeneration ausschreibt. Der Freistaat organisiert die Finanzierung, die Züge werden an die DB verleast. Damit ist garantiert, dass die Züge im S-Bahn-Netz bleiben können, auch wenn die DB irgendwann den Auftrag zum Betrieb des S-Bahn-Netzes verlieren sollte.

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