49-Euro-Ticket: Wird es teurer?

von Redaktion

Kritiker warnen: Finanzierung 2024 noch wacklig – Ideen für Zusatz-Rabatte

VON DIRK WALTER

München – Wie geht es weiter mit dem Deutschlandticket? Finanzierung, Genehmigung und Planungssicherheit sind für 2024 „noch immer offen“, klagt der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Kritiker argwöhnen sogar, die Finanzierung der Günstig-Fahrkarte sei nur bis Ende 2023 gesichert. Wird es danach teurer? Ein Versuch, wichtige Fragen zu klären.

Erfolg oder Misserfolg?

Weitgehend unstrittig ist, dass das Deutschlandticket ein Verkaufsschlager ist. Bislang wurden rund elf Millionen Abos verkauft. Nicht alle behalten ihr Abo, ein Teil kündigt nach einem Monat wieder. Im Juni hatten 9,6 Millionen ein 49-Euro-Ticket. Perspektivisch werden 17 Millionen Kunden monatlich erwartet. Schwierig ist die Berechnung der effektiven Umsteiger vom Auto zum Zug. Eine Auswertung von Handy-Bewegungsprofilen durch O2 Telefónica ergab, dass der Anteil der Schiene an der Personenbeförderung um 2,5 Prozent gestiegen ist. Der VDV hat eigene Zahlen: 46 Prozent sind von anderen (teureren) ÖPNV-Abos umgestiegen, 44 Prozent sind bisherige Gelegenheitsfahrer, die Einzeltickets nutzten. Die Quote der Neukunden, die bisher so gut wie nie Bus und Bahn gefahren sind, liegt bei rund acht Prozent. Noch eine Zahl: Im Bundesverkehrsministerium weist man darauf hin, dass eine Prognose des VDV schon im Juni übertroffen wurde: statt insgesamt 5,6 Millionen haben schon 5,7 Millionen erstmals ein Abo.

Der Preis

Amtlich heißt die Günstig-Fahrkarte Deutschlandticket, auch wenn oft vom 49-Euro-Ticket die Rede ist. Spötter sagen, das sei so, weil sich die Regierung den Weg zu Preiserhöhungen nicht verbauen wolle. Wird also aus dem 49-Euro- bald das 59-Euro- oder gar 69-Euro-Ticket? Das ist – auch politisch – umstritten. Der Präsident des Bayerischen Landkreistags, Thomas Karmasin (CSU), erklärte unserer Zeitung: „Meine Einschätzung ist, das es ab 2024 teurer wird und der Bund und die Länder mehr zahlen müssen.“ Dass dann auch die Kommunen, die den MVV mittragen, zur Kasse gebeten werden, schloss Karmasin schon mal kategorisch aus: „Wir zahlen nicht!“

Auch MVV-Chef Bernd Rosenbusch sagt: „Der Preis ist nicht fix.“ Der VDV verweist auf einen Beschluss der Verkehrsminister am 12./13. Oktober 2022, in dem es heißt: „Bei den 49 Euro handelt es sich um einen Einführungspreis. Die Verkehrsminister von Bund und Ländern haben bereits vereinbart, dass es von 2024 an eine Dynamisierung in Form eines automatischen Inflationsausgleichs geben soll.“ Allerdings sagt der Verband auch: „Als VDV haben wir bislang keine Absichten seitens des Bundes oder Länder vernommen, den Preis zu 2024 zu verändern.“

Im Bundesverkehrsministerium heißt es unter der Hand, eine Erhöhung nicht einmal ein Jahr nach der Einführung sei einigermaßen absurd. Ein Dementi zu etwaigen Preiserhöhungen gibt es offiziell allerdings auch wieder nicht. Der Preis müsse „auf lange Sicht attraktiv gehalten werden“, betont eine Sprecherin gegenüber unserer Zeitung. Die Rechnung sei einfach: Je mehr das Ticket dauerhaft kaufen, desto geringer sind die Defizite bei der Bahnunternehmen – und desto geringer ist der Druck, über höhere Preise einen Ausgleich zu erwirtschaften. Für eine Kalkulation ist es jetzt – knapp drei Monate nach dem Start – noch zu früh. Zudem wird im Ministerium spitz darauf verwiesen, dass sich verschiedene Länder schon jetzt „Geschenke“ leisten: etwa die gebührenfreie Mitnahme von Hunden, Fahrrädern oder auch Rabattaktionen für verschiedene Gruppen (etwa Studenten). Die Klage wegen riesiger Einnahmeausfälle erscheine da unglaubhaft.

Die Kalkulation

Bis Ende des Jahres werden Bund und Länder das 49-Euro-Ticket, das ja Einnahmeausfälle bei den Verkehrsunternehmen verursacht, mit je 1,5 Milliarden Euro finanzieren. So ist es auch für 2024 und 2025 ausgemacht. Aber: Nur für 2023 beinhaltet dies eine „Nachschusspflicht“ – sind also die Kosten noch höher als insgesamt drei Milliarden, so übernehmen dieses zusätzliche Defizit Bund und Länder je zur Hälfte. Für 2024 gibt es diese Nachschuss-Regelung noch nicht.

Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) ist genervt: „Der Bund macht es mal wieder spannend“, sagt er unserer Zeitung. „Genau wie bei der Einführung des Tickets, die der Bund letztendlich dann auch verschieben musste, fehlt bislang eine klare finanzielle Zusage.“ Die Länder hätten sich klar zu ihrem Anteil bekannt. Der VDV hofft, dass Bund und Länder im September die weitere Finanzierung regeln.

Wird das Ticket erweitert?

Es gibt etliche Ideen, das Deutschlandticket auszubauen. Ein Aufpreis für die 1. Klasse, für die Mitnahme von Kindern ab sechs Jahren, für Fahrräder, Hunde etc – an Vorschlägen ist kein Mangel. Den Ländern steht es frei, zusätzliche Rabatte zu finanzieren, so wie es Bayern zum Beispiel mit dem 29-Euro-Ticket für Studenten, Azubis und FSJler, nicht aber für Schüler, ab Herbst angekündigt hat.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) ist mit Nachbarstaaten im Gespräch, dort geplante nationale Varianten des Deutschlandtickets gegenseitig anzuerkennen. „Einige Staaten sind auf uns zugekommen. Unser Deutschlandticket wird international bewundert. Frankreich plant ein ähnliches Ticket. Ziel sollte sein, dass unser Ticket dort gilt und umgekehrt“, sagte er der Mediengruppe Bayern. „Oder denken Sie an Bayern-Österreich. Solche Anerkennungen wären ideal, ein schönes europäisches Projekt.“

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