Das ist keine Kirche mehr

von Redaktion

Kirchen wird künftig das Geld fehlen.

München – Pfarrer Stefan Scheifele sorgt sich schon lange um die Zukunft der Kirche St. Benedikt in Ebenhausen im Kreis München. Seit wenigen Tagen ist seine große Befürchtung Realität: die renovierungsbedürftige Kirche wird profaniert. Sie verliert ihre Segnung, wird künftig nicht mehr als Gotteshaus genutzt. Die Sanierung hätte Millionen gekostet, die Erzdiözese München und Freising hat sich gegen diese Investition entschieden. Die etwa 960 Katholiken der kleinen Pfarrei werden für Gottesdienste eine der sieben anderen Kirchen im Pfarrverband aufsuchen müssen.

Ebenhausen wird kein Einzelfall bleiben. Im vergangenen Jahr war der Überschuss im Haushalt der Erzdiözese zwar noch höher als erwartet, doch die finanziellen Spielräume werden geringer, betont Generalvikar Christoph Klingan. Für 2023 kalkuliert die Erzdiözese bereits mit einem Minus, wie der Erzbischöfliche Finanzdirektor Markus Reif gestern in München berichtete. Den geplanten Einnahmen von 833 Millionen Euro stehen Ausgaben in Höhe von 894 Millionen Euro gegenüber. „Wir müssen jetzt handeln, Schwerpunkte setzen und über Veränderungen nachdenken“, kündigt Klingan an. Konkret bedeutet das zum Beispiel, dass die derzeit 40 Dekanate zu 18 zusammengelegt werden. „Die Seelsorge-Angebote werden bleiben, es wird keine XXL-Pfarreien geben“, versprach Klingan. Ein großer Kostenfaktor sind außerdem die rund 7000 Immobilien. Viele davon sind wie St. Benedikt renovierungsbedürftig. Umgenutzt oder aufgegeben werden auch Pfarrheime oder Pfarrhäuser. Schulen oder Kinderbetreuungseinrichtungen seien nicht betroffen, betont der Generalvikar. „Die Entscheidungen über Umnutzungen werden vor Ort getroffen, alle Ehren- und Hauptamtlichen sollen beteiligt werden“, so Klingan. „Die Kirche hat den Anspruch, weiterhin präsent zu sein – auch in ländlichen Regionen.“

Hinter den nötigen Sparmaßnahmen steht die große Zahl der Kirchenaustritte. Im vergangenen Jahr haben allein im Erzbistum 53 000 Katholiken die Kirche verlassen – für viele war der Missbrauchsskandal ein Grund, berichtet Klingan. Auch wenn sich diese Entwicklung seit dem Frühjahr etwas beruhigt habe, muss die Kirche künftig mit weniger Einnahmen durch die Kirchensteuer kalkulieren. 2022 hatten unerwartete Entwicklungen bei der Einkommenssteuer (zum Beispiel aufgrund der Energiepreispauschale) das Minus abgedämpft. Die Erzdiözese nahm 658 Millionen Euro aus der Kirchensteuer ein, 2021 waren es 647 Millionen Euro. Insgesamt kamen Erträge in Höhe von 912 Millionen Euro zusammen. Dem stehen Ausgaben in Höhe von 798 Millionen Euro gegenüber (2021 waren es 871 Millionen Euro). Der größte Anteil davon sind die Personalkosten. Auch die Kirche tue sich aktuell schwer, Fachkräfte zu finden, berichtet Klingan. Deshalb blieben viele Posten unbesetzt – und die Personalkosten waren geringer als erwartet. Unter dem Strich blieb 2022 ein Plus von 128,5 Millionen Euro. Perspektivisch werden die finanziellen Mittel der Kirche aber geringer – nicht nur wegen den hohen Austrittszahlen, sondern auch wegen Kostensteigerungen und einem hohen Instandhaltungsbedarf. Für einige teure Sanierungsfälle wie St. Benedikt in Ebenhausen wird das Geld nicht mehr reichen.

Wie genau es mit der Kirche weitergehen wird, weiß Pfarrer Scheifele noch nicht. Er muss die Gespräche mit Weihbischof und Kirchenverwaltung abwarten. Für die Profanierung einer Kirche gibt es liturgische Vorgaben, die der Pfarrer in seinen Studienaufzeichnungen erst mal nachblättern musste. Beispielsweise muss der Altar nach dem letzten Gottesdienst zerstört werden, damit er bei profaner Weiterverwendung des Gebäudes nicht missbräuchlich verwendet wird – zum Beispiel als Bar-Tisch oder Ablage. Entschieden werden müsse auch, ob das vor den Augen der Gläubigen passieren wird. KATRIN WOITSCH

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