Haar – Ein schwer kranker Mann, der in der Psychiatrie in Haar im Kreis München eine Frau umgebracht hat, muss lange, vielleicht sogar lebenslang, in der geschlossenen Abteilung bleiben. Das Landgericht München I ordnete am Freitag seine Unterbringung an. „Seine Einsichtsfähigkeit war aufgrund einer paranoiden Schizophrenie aufgehoben. Er kann deshalb nicht bestraft werden“, sagte Richter Norbert Riedmann.
Mit Handfesseln, die an einem strammen Bauchgurt festgezurrt waren, hatte der 33-jährige Brasilianer am letzten Prozesstag den Sitzungssaal betreten. Drei muskulöse Wachtmeister ließen ihn nicht aus den Augen, als der Richter das Urteil verkündete. Der Mann war im Mai 2022 in die Psychiatrie eingeliefert worden. Tagelang hatte er in seiner Münchner Wohnung dämonische Schreie von sich gegeben, bis eine Nachbarin die Polizei rief. Beamte trafen ihn blutüberströmt an. Er hatte soeben seinen geliebten Hund getötet. Gottes Stimme in seinem Kopf hatte ihm das angeblich befohlen. Doch Gott wollte anscheinend noch mehr. Um ihm wohlgefällig zu sein, müsse er einen Menschen umbringen, erzählte er den Polizisten auf der Fahrt zur Dienststelle und anschließend ins Bezirkskrankenhaus.
In Haar kam er auf eine geschlossene Abteilung und wurde in seinem Zimmer mehrere Stunden beobachtet. Er verhielt sich unauffällig und durfte sich schließlich frei bewegen. „Für medizinische Laien ist das schwer zu verstehen“, sagte der Richter. Denn der Rückfall kam schnell. Am nächsten Tag riss der Mann eine Stange aus seiner Dusche und schlug damit eine Zimmer-Nachbarin bewusstlos. Die versuchte noch, mit hoch erhobenen Händen die Schläge abzuwehren. Entsprechende Verletzungen zeugten vom Abwehrkampf. Dann erdrosselte er sie mit ihrem eigenen Pullover, hängte die Tote in der Dusche auf und zündete herbeigeschlepptes Zeug an. Als der Feuermelder reagierte, fanden ihn die Pfleger betend vor der Badezimmertür. Die Leiche wurde im Durcheinanders erst später gefunden.
Über seine Verteidigerin Birgit Schwerdt legte der Mann ein Geständnis ab. Demnach hatte Gott ihm das Menschenopfer abverlangt. Dafür würde er ins Gefängnis kommen und dort für die Genesung der Welt beten. „Er konnte nicht einsehen, dass er nicht töten durfte“, sagte der Richter. „Deshalb gehen wir von Totschlag und nicht von Mord aus.“ Wegen der erheblichen Gefahr für die Allgemeinheit war an eine Bewährung nicht zu denken. ANGELA WALSER