München – Länger, komfortabler und zuverlässiger soll die Münchner S-Bahn der Zukunft sein. Die neuen Züge dafür werden von Siemens gebaut und wurden gestern vorgestellt. Ab Ende 2028 sollen die 90 XXL-Bahnen innerhalb von vier Jahren Zug um Zug geliefert werden. Der Freistaat finanziert die mehr als zwei Milliarden Euro teure Modernisierung.
Bahn, Verkehrsministerium und Hersteller Siemens sprechen von S-Bahnen der Superlative. Und um eben solche waren Verkehrsminister Christian Bernreiter, S-Bahn-Chef Heiko Büttner und seine Chefin Evelyn Palla von der DB AG bei der Präsentation der Züge auch nicht verlegen. Er sei heute einer der stolzesten Münchner, sagte Büttner. Bernreiter betonte den Fakt, dass in München künftig die längste S-Bahn Deutschlands fährt. Und Palla versprach den Fahrgästen Wow-Effekte und Wow-Momente.
Mit 202 Metern sind die 365 Tonnen schweren Schienenmonster tatsächlich so lang wie keine andere S-Bahn der Republik. Zum Vergleich: Die heutigen Langzüge messen auch 200 Meter, hier hängen aber drei Züge aneinander. Insgesamt finden 1841 Personen Platz in dem komplett durchgängigen Zug – davon 480 auf Sitzplätzen.
Im Inneren unterscheiden sich die Bahnen auf den ersten Blick gar nicht so sehr von den aktuellen. Das blaue Polsterdesign wird wohl beibehalten, die Sitze werden in die bisher auch üblichen Familien-, Gruppen- und Mehrzweckbereiche mit Klappsitzen sowie die klassischen Zweier-, Dreier, und Vierersitzbereiche unterteilt. Allerdings wird alles geräumiger, wie Michael Peter, CEO von Siemens Mobility, ausführte. Die Sitze bieten zehn Zentimeter mehr Beinfreiheit, die Türen sind 1,40 Meter breit und führen in große Eingangsbereiche, in denen sich die Fahrgäste schneller und besser verteilen können.
Auch technisch wird aufgerüstet. Kostenloses WLAN gibt es bereits jetzt in einigen Zügen, in der neuen Generation ist es Standard. Die Sitzbereiche sind mit Ablageflächen sowie normalen und USB-Steckdosen ausgestattet. Nur Abfallbehälter wird es wieder nicht geben. Büttner sagt: „Die Züge sind sauberer, wenn die Menschen ihren Abfall mitnehmen.“
Informationen für die Fahrgäste werden auf 166 Displays angezeigt. 104 davon befinden sich im Innenraum, an denen ähnlich wie bisher die nächste Haltestelle, aktuelle Störungen und ein Fahrgast-TV angezeigt werden. Weitere 62 Displays finden sich außen am Zug. Diese sollen nicht nur Auskunft zur Linie und Fahrziel, sondern auch zur Zugauslastung im jeweiligen Bereich geben.
Auch an die Barrierefreiheit hat Siemens bei der Konzeption der Bahnen gedacht. An den Türen der Rollstuhlbereiche an beiden Enden der Bahn können wie bisher auf Knopfdruck automatische Schiebetritte angefordert werden, die den Spalt zwischen Zug und Bahnsteig überbrücken. Neu ist, dass sich Hörgeschädigte mit einem Bluetooth-Hörgerät mit dem Zug verbinden und die Durchsagen über ihr Gerät empfangen können.
Für die Fahrgäste nicht offensichtlich ist die neue KI in der Zug-Elektronik. Sie soll Symptome zum Beispiel von klemmenden Türen bereits erkennen, bevor die Störung auftritt. So werden frühzeitige Reparaturen ermöglicht. Auch sonst sind die Bahnen digital auf dem neuesten Stand, erhalten zum Beispiel Software-Updates online. Und nicht zuletzt wird die S-Bahn laut Michael Peter zehn Prozent weniger Energie als bisher verbrauchen – „ein wichtiger Baustein, damit München die Klimaziele erreicht“, sagte er.
In Sachen Design ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Die grau-schwarze Variante sei ein Vorschlag von Siemens, so Büttner. „Wie es am Ende genau ausschaut, steht noch nicht fest.“ Und auch der Preis könnte noch steigen – etwa wenn Material oder Lohnkosten teurer würden. Unabhängig davon versprach der Münchner S-Bahn-Chef aber: „Wir machen die S-Bahn einmal komplett neu.“