„Hass und Hetze auf erschreckend hohem Niveau“

von Redaktion

Justiz- und Innenminister geben neue Zahlen bekannt – AfD-Politiker sitzt deshalb sogar hinter Gitter

München – Im Internet hetzen: Das kann sich niemand mehr erlauben. Denn auch unter dem Deckmantel der Anonymität werden mittlerweile die allermeister Täter ermittelt – und jährlich hunderte in Bayern an Gerichten auch verurteilt. „Hasskriminalität hat leider weiter Konjunktur“, sagen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und Justizminister Georg Eisenreich (CSU). Beide stellten gestern in München die Entwicklung der Hasskriminalität in Bayern seit 2019 vor. Die Zahl der Straftaten sei in Bayern von 2019 bis 2021 um rund 20 Prozent gestiegen. 2019 gab es 1016 Taten, 2021 dann bereits 1225.

„Auch wenn es 2022 einen leichten Rückgang auf 1186 gab: Die Zahlen sind immer noch zu hoch“, mahnt Herrmann. Eisenreich sagt: „Hass und Hetze halten sich im Internet auf erschreckend hohem Niveau. Neue Entwicklungen wie beispielsweise der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und seine Folgen bieten Hass und Hetze im Netz einen zusätzlichen Nährboden.“ Beide Minister wollen den Kampf gegen Hasskriminalität deshalb entschlossen fortführen.

„Wenn Menschen beispielsweise wegen ihrer Nationalität, Hautfarbe, Religionszugehörigkeit, ihrem Geschlecht oder ihrer sexuellen Orientierung Opfer werden, sprechen wir von Hasskriminalität, eine besonders verwerfliche Form von Straftaten“, sagt Herrmann. Volksverhetzungsdelikte dominierten hier in fast 50 Prozent aller Fälle, gefolgt von Beleidigungsdelikten.

Dass aus bösen Worten auch noch schlimmere Taten entstehen können, zeigt das Beispiel von Luis T. (24). Der AfD-Politiker hatte mehrfach online andere Nutzer mit Hass und Hetze übersät und wurde dafür insgesamt dreimal vom Münchner Amtsgericht verurteilt – zuletzt im Februar zu einem Jahr und elf Monaten, unter anderem wegen Beleidigung und Volksverhetzung. Mit Handschellen wurde T. gestern erneut ins Gericht geführt: Im August 2022 hatte er einen Reporter am Münchner Marienplatz attackiert – wegen dieser Körperverletzung wurde Luis T. nun zu weiteren zehn Monaten Haft verurteilt.

„Hasskriminalität vergiftet das gesellschaftliche Klima und unterdrückt die Meinungsfreiheit anderer“, sagt Justizminister Eisenreich. „Wer rassistische, antisemitische oder volksverhetzende Inhalte verbreitet, muss in Bayern mit einer konsequenten Strafverfolgung rechnen. Selbst bei Ersttätern ist eine Freiheitsstrafe möglich.“ Außerdem drohen hohe Geldstrafen – bei Volksverhetzung mindestens drei Monatsgehälter plus Eintrag ins Führungszeugnis.

Bereits im Jahr 2020 hat Eisenreich den bundesweit ersten Hate-Speech-Beauftragten für die bayerische Justiz bestellt und Sonderdezernate bei allen 22 Staatsanwaltschaften eingerichtet. „Es ist wichtig, dass jeder Einzelne in der Gesellschaft Hass offen widerspricht – sei es am Stammtisch, am Gartenzaun oder im Internet.“ Etwa per Anzeige bei der örtlichen Polizei. ANDREAS THIEME

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