Lisi macht die Bräute schön

von Redaktion

INTERVIEW Hochzeitssaison läuft auf Hochtouren – so hübscht Friseurin Lisi Hatzl das Oberland auf

Weyarn – Bayern ist im Heiratsfieber, Friseurin Lisi Hatzl leistet Schwerstarbeit. Die 40-Jährige betreibt einen Salon in Weyarn im Kreis Miesbach und frisiert jedes Wochenende Bräute, Brautmütter und Hochzeitsgäste. Mal muss sie Nerven beruhigen, mal geht’s lustig zu – aber eines ist immer gleich: Lisi Hatzl muss früh aufstehen. Sehr früh.

Es ist Sommer: Hochzeitssaison! Haben Sie Stress?

Eine starke Zeit ist immer zwischen April und Juni und von September bis Oktober. Zu den Hochzeiten kommen auch Kommunionen, Firmungen und Trachtenfeste. Da komme ich an Wochenenden schon mal ins Schwitzen.

Wann starten Sie an einem Hochzeitssamstag?

Ab 4.30 Uhr ist alles möglich. Bei traditionellen Trachtenhochzeiten kommen die Aufwecker zum Brautpaar so gegen 5 Uhr. Sobald die fertig sind, fange ich an, die Brautfrisur zu stecken.

Bei der Braut? Oder in Ihrem Salon in Weyarn?

Am liebsten hier, aber ich fahre auch durchs Oberland, mein Umkreis wird immer größer. Bei weiteren Anfahrten klingelt der Wecker auch mal um 3 Uhr. Meist schlafe ich auf der Couch, damit ich gar nicht erst so tief schlafe und den Wecker höre. Ich bin lieber eine halbe Stunde zu früh da und warte im Auto – keine Braut soll auf die Friseurin warten müssen. Das wäre schlimm für ihre und meine Nerven – und bringt den Zeitplan durcheinander.

Das klingt anstrengend.

Nach der Saison bin ich echt geschlaucht. Ich trinke in der Früh zwei, drei Tassen Kaffee, tagsüber noch ein paar… Mittags bin ich fertig und brauche mein Mittagsschläfchen.

Wie lange brauchen Sie für eine Hochzeitsfrisur?

Pro Braut zwischen einer und eineinhalb Stunden.

Was ist gerade „in“ bei den Bräuten im Oberland?

Geflochtene Elemente, schöne Hinterköpfe, mehr im Nacken – Knoten sind recht modern. Oder lockere Sachen. Echte Blumen sind auch beliebt. Ich arbeite viel für Trachtenhochzeiten, also verwende ich viel Schmuck oder Cordonette-Blumen, das sind wunderschöne Blütenhaarnadeln, die ich auch selber anfertige.

Frisieren Sie nur Bräute?

Nein, auch Mamas, Schwiegermamas, Freundinnen, Schwestern… Neulich hatte ich acht Mädels, die alle auf einer Hochzeit eingeladen waren.

Acht??!! Ist das Rekord?

Mein Rekord waren zehn Hochzeitsgäste! Ich finde das super, wenn richtig Trubel herrscht, manchmal sitzen bei einem Hausbesuch fünf bis acht Mädels auf einmal da, machen sich einen Prosecco auf. Eine riesige Gaudi!

Die wollen ja vermutlich nicht alle gleich aussehen.

Auf keinen Fall! 90 Prozent kommen mit Fotos von Frisuren von meiner eigenen Instagramseite. Das ist ein Vorteil, weil es ja Unmengen von Frisuren und Stilen gibt – alles kann ich natürlich nicht.

Unterscheidet sich die Frisur der Braut von der der Gäste?

Darauf achte ich sehr. Die Braut soll herausstechen und die Schönste sein. Manchmal frisiere ich nur Gäste, nicht die Braut – dann ist es ein bisserl schwierig.

Gab es schon mal Drama, weil eine Braut unglücklich war mit ihrer Frisur?

Nein, bei mir Gottseidank nicht. Die meisten Bräute kommen im Vorfeld schon mal für eine Probefrisur. Am Hochzeitstag selber ist der Stress so groß, dass viele gar nichts sagen würden, selbst wenn sie unzufrieden wären.

Echt? Es gibt ja den Begriff der „Bridezilla“ – die Braut, die zum Monster wird…

Die sind sehr selten. Ich habe viel hiesige Stammkundschaft. Meine Kundinnen kommen aus Dörfern, aus Trachtenvereinen… Die kennen mich und meinen Stil und wissen, wie ich arbeite.

Müssen Sie auch trösten oder gut zureden, wenn die Nerven blank liegen?

Ja schon, manchmal steigern sich Mädels richtig rein. Der Friseur ist oft der erste Teil der Hochzeit, damit geht das große Ereignis los. Ich beruhige die, rede ihnen gut zu, nehme ihnen die Angst davor, dass irgendwas schiefläuft. Das war bei den ersten Hochzeiten nach Corona auffällig: Die mussten zum Teil zwei, drei Jahre warten und hatten viel zu viel Zeit, sich im Vorfeld mit jedem Detail zu beschäftigen. Da musste dann wirklich jedes Detail stimmen.

Aber gegen die Ehe hat sich noch keine Kundin kurzerhand entschieden?

Eine einzige hatte ich, die sich kurz darauf wieder scheiden ließ. Beim Frisieren hat man ihr nichts angemerkt.

Sagen Sie es einer Braut, wenn ihr die gewünschte Frisur nicht steht?

Ja, aber mit Feingefühl. Aber die meisten wissen eh, was mit ihren Haaren machbar ist.

Hatten Sie schon mal einen Notfall-Einsatz?

Früher war es schon ab und zu so, dass ein Friseur einer Braut kurzfristig abgesagt hat und die spontan einen neuen suchen musste. Schlimm, die arme Frau! In so einem Fall würde ich zur Not auch um drei aufstehen und sie frisieren.

Sie sind seit 25 Jahren im Geschäft. Hat sich früher auch jeder weibliche Gast die Haare machen lassen?

Im Moment gehen sehr viele zum Friseur, das leisten sich sehr viele. Mein Papa hat das während meiner Ausbildung schon ein wenig gewittert und mich in einen Kurs gesteckt, wo man Frisuren lernt.

Was war damals in?

Bananen waren damals total angesagt, aber das war viel klassischer, biederer, mit vielen Schlaufen. Zöpfe galten als altbacken, die waren damals streng geflochten. Jetzt zieht man die auseinander, steckt viel lockerer. Jeder Promi geht mit geflochtenen Haaren aufs Oktoberfest – früher war das undenkbar!

Stichwort Promi: Die schönsten Frauen der Welt veröffentlichen Bilder von sich – und dienen normalen Frauen als Vorbild. Kommen Kundinnen mit falschen Vorstellungen?

Ja, das Internet macht da viel aus. Früher kam keiner mit dem Foto von der Frisur, die er will. Das war eher Überraschungspaket. Jetzt sind die Vorstellungen konkreter, die Erwartung größer – und die Enttäuschung auch, wenn die Vorlage nicht umsetzbar ist.

Werden Sie denn auch mal emotional am großen Tag Ihrer Kundin ?

Ja, auf jeden Fall. Meistens kommt die Braut ja ohne Brautkleid zu mir. Wenn ich sie dann doch einmal komplett sehe, ist das immer sehr schön.

Interview: Carina Zimniok

Artikel 1 von 11