Schönau – Wer am Samstag auf das Schiff will, das über den Königssee fährt, muss Geduld haben. Viel Geduld. Die Wartezeit beträgt zu diesem Zeitpunkt zwei Stunden, bestätigt eine Mitarbeiterin der Tourist-Information in Schönau am Königssee. Knapp 30 Grad Celsius zeigt das Thermometer. Trotz Online-Reservierung ist der Vorplatz am Ufer gerammelt voll. Es ist Hochsaison – manchen ist es zu voll.
Michael Grießer ist der Geschäftsführer der Bayerischen Seenschifffahrt und gerade im Urlaub – aber trotzdem informiert, was an einem seiner Seen passiert. Einige Einheimische nörgeln im Internet, weil „vor lauter Menschen kein Boden mehr zu sehen ist“. „Der Einheimische muss weg, um Freizeit zu genießen“, schreibt einer noch. Mit solchen Kommentaren kann Grießer wenig anfangen. Er ist zufrieden, dass sich am Königssee was regt.
„Der Rubel rollt hier“, sagt auch ein Mann in der Warteschlange. Eine Fahrt über den See nach Salet kostet hin und zurück 27,80 Euro für Erwachsene, nach St. Bartholomä sind es 22 Euro. Das macht einen Tagesumsatz von mehr als 100 000 Euro. Außerdem wäre noch mehr gegangen, wenn die Hochstaufen, eines der Elektroboote, sich nicht noch in Reparatur befinden würde, sagt Grießer. 6000 Leute hatten sie einmal vor Corona. Zurzeit ist fast jeder Tag ein Ausnahmetag an einem der beliebtesten Ausflugsseen Deutschlands.
Viele Nationen sind zu Gast, eine große Zahl Inder verbringt derzeit in Berchtesgaden Urlaub, einige Asiaten. Es wird viel Englisch gesprochen. „Es sind vor allem Individualtouristen“, bestätigt Michael Grießer. Reisebusse mit Tagestouristen seien deutlich weniger vor Ort als noch vor Corona-Zeiten, sagt er. Allerdings: Die Parkplätze für Busse sind bis auf den letzten Platz belegt.
Die Menschen drängen sich am Ticketschalter. Einigen macht die Bruthitze zu schaffen. „Es fehlt ein Platz, wo man Schatten findet“, sagt ein Asiate auf Englisch. „Früher gab es an der Seelände schattenspendende Kastanienbäume“, sagt Geschäftsführer Grießer. Im Zuge der Neugestaltung des Platzes mussten diese weichen. Die kleinen Holzüberdachungen am Seeufer sind viel zu klein. Dann herrscht plötzlich Aufregung. Bei einem Mann geht der Kreislauf an diesem Samstag in die Knie. Er muss sich auf eine Parkbank legen. „Das dauert hier zu lange“, sagt seine Begleiterin. Er bekommt eine Flasche Wasser, eine Frau reicht ihren Schirm. Einige Leute haben in weiser Voraussicht Schirme mitgebracht, um sich in der langen Schlange vor den Sonnenstrahlen zu schützen. Schifffahrts-Geschäftsführer Grießer sagt: „Wer reserviert hat, muss nicht in der Schlange warten.“ Die Leute könnten sich in dieser Zeit anderweitig die Zeit vertreiben. Es genüge, 20 Minuten vor Bootsabfahrt am Steg zu sein.
Tatsächlich gibt es nicht viele Möglichkeiten, hier Schatten- und Sitzplätze zu finden. Der kleine Biergarten nebenan ist bereits bis auf den letzten Platz belegt. Zusätzlicher Sonnenschutz in der Hochsaison könnte Abhilfe schaffen. Allerdings: „Uns gehört an der Seelände nur ein schmaler Streifen“, sagt Michael Grießer. Die Hitze-Problematik ist für ihn aber nachvollziehbar. Sein Vorschlag: ein Gespräch mit der Gemeinde.
Nicht nur der See ist am Wochenende übrigens voll, auch am nahe gelegenen Kehlstein ist der Andrang riesig. Bereits gegen Mittag gibt es am Samstag beim beliebten Touristenziel keine Möglichkeit mehr, Karten für eine Auffahrt mit dem E-Bus zu erhaschen.