Bayern – Land der Blitze

von Redaktion

Nirgendwo kracht es so häufig wie im Süden. Trotzdem gab es 2022 so wenig Blitze wie seit 30 Jahren nicht mehr.

München – Einen spektakulären Moment hat ein Urlauber am Sonntag in Hopfen am See im Ostallgäu gefilmt: Nur wenige hundert Meter entfernt hatte ein Blitz in eine Pferdekoppel eingeschlagen. Von seinem Balkon aus filmte der Mann den hellen Lichtbogen und lauten Knall. Heftige Gewitter haben am Sonntagabend auch im südlichen Oberbayern gewütet – zahlreiche Einsatzkräfte mussten Sturmschäden beseitigen.

Sommerzeit ist Gewitterzeit: Der Blitz-Informationsdienst von Siemens zeichnet die Einschläge jedes Jahr mit 160 miteinander verbundenen Messstation in ganz Europa auf. Nun wurden die Ergebnisse für vergangenes Jahr bekannt gegeben – und 2022 hat es in Deutschland so selten geblitzt wie seit 30 Jahren nicht. Insgesamt zählte Siemens 242 421 Blitzeinschläge – der niedrigste Wert seit Beginn der Messungen 1991. 2021 hatte es fast doppelt so oft geblitzt.

Als Ursache sieht der Leiter des Dienstes, Stephan Thern, die Trockenheit des vergangenen Jahres. „Vor allem im Juli und August 2022 herrschte teils extreme Dürre bei Temperaturen über 35 Grad“, sagt er. „Für Gewitter braucht es aber beides: Feuchtigkeit und heiße Temperaturen.“

Im Sommer haben Gewitter Hochsaison. Im Juli 2022 zählte das System aber nur 31 040 Blitze – weniger als ein Drittel des Wertes aus dem Vorjahr. Blitzreichster Monat des Jahres war der Juni mit 65 969 Einschlägen. Blitzreichster Tag war der 26. August mit mehr als 26 000 Einschlägen.

Mit der Zahl der Blitze sank auch der durch sie verursachte Schaden: Die Deutsche Versicherungswirtschaft zählte 160 000 Blitz- und Überspannungsschäden mit versicherten Schäden in Höhe von 170 Millionen Euro. Das waren 50 000 Schäden und 40 Millionen Euro weniger als 2021. Noch am häufigsten schlug es 2022 im Süden ein – und hier liegt auch die neue Blitzhauptstadt: Kempten verzeichnete laut Siemens mit 2,45 Einschlägen pro Quadratkilometer die bundesweit höchste Blitzdichte. Aber auch das ist vergleichsweise wenig: 2021 hätte der Wert nur für Platz 58 gereicht, der Blitzhotspot Starnberg kam auf das Dreifache.

Auch die nächsten vier Landkreise auf der Messskala liegen in Bayern: Ostallgäu, Garmisch-Partenkirchen, Lindau und Weilheim-Schongau kommen auf Werte zwischen 2,2 und 1,78 Blitzen pro Quadratkilometer. Am anderen Ende liegen die Städte Brandenburg/Havel mit 0,04 und Hof mit 0,07 Blitzen pro Quadratkilometer – beziehungsweise lediglich zehn und vier Blitzen im Jahr.

Die höchste Blitzdichte hatte Baden-Württemberg mit 0,97 Blitzen pro Quadratkilometer, vor Bayern mit 0,85 und Hamburg mit 0,81. Die niedrigste Thüringen mit 0,39 und Bremen mit 0,41. Deutscher Durchschnitt waren 0,7 Blitze pro Quadratkilometer. Damit liegt die Bundesrepublik im Vergleich im Mittelfeld: Die höchsten Blitzdichten hatten Montenegro und Bosnien-Herzegowina. Montenegro verzeichnete etwa die sechsfache Blitzdichte Deutschlands.

Nach dieser Nacht sind die heftigsten Gewitter laut Deutschem Wetterdienst überstanden. Ab heute ist das Risiko geringer. C. RÜHRMAIR

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