Nürnberg – Jedes Jahr reisen Els de Vos und ihr Mann Rick Angevaare mit einer Gruppe niederländischer Jugendlicher zu einem Sportcamp nach Bayern. Jedes Jahr fahren sie mit dem Zug. „Weil wir Kurzstreckenflüge vermeiden wollen“, sagt die 60-Jährige. Doch dieses Mal hat sie diese Entscheidung bitter bereut – die Rückfahrt wurde für sie ein Albtraum.. „Es war das letzte Mal, dass wir mit der Deutschen Bahn gereist sind“, sagt sie entschieden.
Sie wussten aus früheren Reisen, dass Züge in Deutschland häufig ausfallen oder zu spät kommen, berichtet sie. „Wir haben eine Reisekasse, die ist gefüllt mit Geld, dass wir in den vergangenen Jahren als Entschädigung von der Bahn bekommen haben.“ Schon die S-Bahnfahrt von Hirschaid zum Nürnberger Bahnhof war kein Vergnügen, berichtet sie – denn etliche Fußballfans waren mit an Bord. Els de Vos war froh, dass sie für die ICE-Fahrt über Köln nach Düsseldorf und weiter in die Niederlande Sitzplätze reserviert hatte. Doch diese Sitze waren mit Absperrband markiert, wie sie feststellen musste. Es gebe Probleme mit der Klimaanlage, sagte man ihr. Sie und ihr Mann waren mit 14 Jugendlichen zehn Tage auf dem Sportcamp bei Hirschaid. „Das bedeutet viel Gepäck.“
Etwas hilflos standen sie im Zug und wussten nicht, wo sie sich die nächsten Stunden aufhalten sollten. Einen Bahnmitarbeiter konnten sie im ICE nicht finden. Also stieg ihr Mann aus und sprach vier Bahn-Angestellte auf dem Bahnsteig an. „Darf ich Sie etwas fragen?“, sagte der 57-Jährige – genau wie seine Frau spricht er sehr gut Deutsch. Eine Antwort bekam er jedoch nicht. Die vier DB-Mitarbeiter stiegen in den Zug, als Rick Angevaare ebenfalls einsteigen wollte, drängten sie ihn ohne Erklärung zurück und die Tür schloss vor seiner Nase, berichtet die 60-Jährige. Fassungslos sah sie ihren Mann am Bahnsteig stehen, während der Zug losfuhr. Er hatte alle Zugtickets – sein Koffer war bei der Gruppe mit im Zug. Els de Vos konnte mit ihm telefonieren. Sie vereinbarten, dass er den nächsten Zug nehmen würde und sie sich am Bahnhof in Köln treffen. „Bis dahin musste ich mit 16 Koffern, 14 Jugendlichen und ohne Tickets und Sitzplätze allein weiterreisen.“
Als die Kontrolleurin kam, berichtete ihr Els de Vos, was sie gerade beobachtet hatte. Und sie sagte der Frau, dass sie wegen einer Hüft-OP nicht lange stehen könne. Die Bahnmitarbeiterin bot ihr einen einzelnen Sitzplatz an. „Aber ich konnte die Gruppe ja nicht zurücklassen“, sagt Els de Vos. Ihr und den Jugendlichen blieb nichts anderes übrig, als bis Köln auf dem Boden im Zug zu sitzen. Ihr Mann kam dort zwei Stunden später an – den Rest der Reise setzten sie gemeinsam fort. Erst gegen Mitternacht waren die Jugendlichen zu Hause. Schon am nächsten Morgen schrieben Els de Vos und ihr Mann einen Beschwerdebrief, den sie an die niederländische Bahngesellschaft NS International schickten. „Über sie hatten wir die Tickets gebucht. Sie haben uns versprochen, bei der DB eine offizielle Beschwerde einzureichen.“
Die Deutsche Bahn bedauert, was vorgefallen ist, sagt eine Sprecherin auf Nachfrage unserer Zeitung. Man werde die geschilderte Situation nachrecherchieren und aufarbeiten, verspricht sie. Els de Vos geht es nicht um eine finanzielle Entschädigung, betont sie. „Wir möchten eine Erklärung, warum ein 57-Jähriger, der nichts getan hat, von Bahnmitarbeitern aus dem Zug gedrängt wird.“ Und sie wünschen sich eine Entschuldigung. Unabhängig davon, ob sie die bekommen werden, haben sie und ihr Mann bereits entschieden, nächstes Jahr nicht mehr per Zug zum Sportcamp nach Bayern zu reisen. Vielleicht werden sie einen Bus nehmen, kündigt sie an. Beschwerlicher als die Heimfahrt könne es ja schließlich nicht werden.