Flughafen soll aus Großprojekt aussteigen

von Redaktion

VON DIRK WALTER

München – Richard Mergner, Chef des Bund Naturschutz in Bayern, ist sicher kein Vielflieger. Für diese Dienstreise aber war die Benutzung des Flugzeugs unvermeidlich, sagt er: Also flog er vergangene Woche von Frankfurt in die albanische Hauptstadt Tirana. Von dort ging es drei Stunden per Auto – Züge fahren nicht – ins Naturschutzgebiet an der Deltamündung des Flusses Vjosa in die albanische Adria. Dort baut die Schweizer Mabetex-Gruppe im Auftrag der albanischen Regierung auf dem Gelände eines stillgelegten Reserve-Flugplatzes der albanischen Luftwaffe den Vlora International Airport. Verantwortlich für den „Masterplan“ ist, wie auf Bautafeln vor Ort zu lesen ist, die „Munich Airport International“ (MAI), eine 100-prozentige Tochter der Flughafen München GmbH (FMG).

Nachdem unsere Zeitung im März über das Engagement der MAI berichtet hatte, steigt nun der Druck. Die Grünen im Stadtrat forderten gestern per Antrag, dass sich Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) als Vertreter der Stadt im Flughafen-Aufsichtsrat gegen weitere Beratungs- und Managementleistungen aussprechen. Sie stehen damit auf einer Linie mit dem Bund Naturschutz, der Freistaat und Bund als weitere Flughafen-Anteilseigner sensibilisieren will. „Wir fordern den Abbruch der Geschäftsbeziehungen“, sagte Mergner. Er berichtete über riesige Flamingo-Schwärme, die er vor Ort gesehen hat. Das Gebiet mit dem Wildfluss Vjosa und der Narta-Lagune sei ein einzigartiger „Hotspot für Wasservögel“. Seit Dezember 2021 wird vor Ort gebaut, 2026 soll der Flughafen fertig sein. Mergner berichtete, dass schon Fundamente für den Bau des Terminals stehen, ein Bauzaun mit Nato-Draht errichtet wurde und auch die über drei Kilometer lange Start- und Landebahn als Schotterpiste bereits existiert. Trotzdem sei das Projekt noch zu stoppen. „Das Flughafengebiet umfasst 400 Hektar, das gesamte bedrohte Schutzgebiet aber 20 000 Hektar“, sagte Gabriel Schwaderer von der Stiftung EuroNatur, die Naturschutzgruppen vor Ort bei ihren Klagen gegen das Projekt unterstützt. Zu befürchten sei, dass nach dem Flughafen große Hotelanlagen an der albanischen Adria folgen würden – erst dann wäre das Schutzgebiet endgültig zerstört.

Der Flughafen rechtfertigt das Engagement. Die MAI erbringe „lediglich reine Beratungsleistungen“ für den Konzessionär MABCO, einer Tochter des Baukonzerns Mabetex. Einfluss auf Planung und Standortauswahl gebe es aber nicht, betont Sprecher Henner Euting.

Das Haus des bayerischen Finanzministers (und FMG-Aufsichtsratchefs) Albert Füracker (CSU) reagierte auf einen Protestbrief von EuroNatur ähnlich. Sollte es indes Rechtsverstöße beim Bau des Flughafens Vlora geben, habe sich die FMG „Reaktionsmöglichkeiten“ offengehalten. Das Ministerium dementiert auch, dass die FMG oder MAI nach Fertigstellung des albanischen Flughafens den Betrieb übernehmen werde. Dies hatte der albanische Ministerpräsident Edi Rama kürzlich öffentlich behauptet und das Projekt „mit Hinweis auf diesen seriösen Partner“ (Mergner) gerechtfertigt. Die Verlautbarungen seien indes „ohne Abstimmung mit der MAI“ erfolgt, so das Ministerium. Eine Übernahme von Betreiberfunktionen durch die MAI stehe nicht im Raum.

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