Tapfheim-Erlingshofen – Michael Sailer ist 65 Jahre alt und wenn man ihn fragt, wie lange er schon Landwirt ist, dann lacht er und sagt: „Schon immer.“ Er hat aus dem Hof seiner Familie in Tapfheim-Erlingshofen bei Donauwörth in Schwaben einen erfolgreichen Dinkelproduktionsbetrieb gemacht, so schnell bringt ihn nichts aus der Ruhe. Doch neulich passierte etwas, was ihn doch sehr gewundert hat. Ein Radlfahrer schwärzte seinen Mitarbeiter bei der Polizei an, weil dieser während der Ernte einen Lastwagen auf einem kombinierten Feld- und Radweg geparkt hatte. Uns hat Michael Sailer die ganze Geschichte erzählt.
Herr Sailer, was war da los auf Ihrem Feld vor einigen Wochen?
Wir haben am Ortsrand von unserem Heimatort einen größeren Dinkelschlag gedroschen, das dürften so 15 Hektar sein. Am Rand ist da ein kombinierter Rad- und Feldweg. Wir sind ein größerer Betrieb und arbeiten bei der Ernte mit Lastwagen. Einer meiner Mitarbeiter hat mit dem Mähdrescher gedroschen, ein anderer ist mit zwei Lastwagen gependelt. Einen hat er am Wegesrand abgestellt, ich habe ihm extra gesagt, stell dich auf das Bankett, damit die Radfahrer vorbeikommen. Unsere Fahrer bekommen immer wieder Schulungen, die sind schon sensibel und sehr erfahren. Da war genügend Platz, um durchzukommen, sicher ein Meter.
Dann kam jener Fahrradfahrer…
Genau. Der Lastwagen stand also fahrerlos am Acker, als der Radfahrer kam, den ich bis heute nicht kenne. Der hat sich durch den Lkw behindert gefühlt. Weil der Mann offenbar in großer Not war, hat er die 110 gewählt. Auf die Idee, bei uns anzurufen, kam er nicht. Obwohl unsere Telefonnummer groß auf dem Lastwagen steht.
Die Polizei nahm den Notruf aber ernst?
Ja! Und wie! Als die Polizei kam, war der Radfahrer aber nicht da – er hatte offenbar genug Platz, um weiterzufahren. Trotzdem hatte es die Polizei unheimlich wichtig, den Lastwagenfahrer schnellstmöglich zu ermitteln. Die haben von höchster Gefährdung gesprochen.
Wie liefen die Ermittlungen ab?
An dem Tag hatte es 37 Grad, es herrschte höchste Brandgefahr. Da fuhr die Polizei mit dem Streifenwagen übers strohtrockene Stoppelfeld, was natürlich Wahnsinn ist. Die Beamten stoppten den Mähdrescher und fragten nach dem Lastwagenfahrer. In der Zwischenzeit kam der schon wieder mit dem anderen Lkw an. Die Polizisten forderten ihn auf, dass er sofort wegfahren soll – er soll im 500 Meter entfernten Gewerbegebiet parken. Das geht natürlich nicht. Der Mähdrescher muss ja regelmäßig ausgeleert werden.
Sie selbst waren nicht vor Ort?
Nein. Aber mein Mitarbeiter hat mich angerufen. Die Polizei hat gesagt, wenn er in 45 Minuten noch immer dort steht, bekommt er eine kostenpflichtige Verwarnung. Aber ich habe gesagt, bleib stehen, das fechten wir zur Not vor Gericht aus, wir sind im Recht.
Ist das tatsächlich so?
Ja, auf jeden Fall. Ich habe auch unseren Bürgermeister angerufen, der Nebenerwerbslandwirt ist. Er hat der Polizei gesagt, dass das in der Landwirtschaft nicht anders geht. In der Zeit, in der die Polizei dort stand, ist übrigens mindestens eine Handvoll Radlfahrer vorbeigefahren.
Hat Ihr Mitarbeiter eine Verwarnung bekommen?
Nein. Es hieß, aus Rücksicht auf die Landwirtschaft hätte die Polizei davon abgesehen. Das hat mich am allermeisten geärgert. Wenn ich auf einem solchen kombinierten Weg nicht stehen darf, kann ich meine Felder nicht mehr bewirtschaften.
Können Sie den Lastwagen nicht einfach auf dem Feld parken?
Nein. Beladen wiegt der 40 Tonnen, da macht er erstens den Boden kaputt und zweitens kommt er wahrscheinlich gar nicht mehr raus.
Wie waren denn die Reaktionen auf die Geschichte, nachdem sie in der Lokalzeitung stand?
Ich habe hunderte Nachrichten bekommen, bis auf einzelne waren alle positiv. Einige meinten, dass eigentlich der Radfahrer eine Anzeige bekommen müsste – wegen Missbrauchs des Notrufs.
Haben Sie als Landwirt öfter Ärger mit Bürgern?
Ich bin als Jäger und Landwirt sehr viel auf Feldwegen unterwegs. Auch wenn man sich langsam und korrekt fortbewegt, kriegt man immer mal wieder einen Vogel gezeigt. Aber das möchte ich nicht überbewerten.
Interview: Carina Zimniok