Das große Aufräumen nach dem Hagel

von Redaktion

VON VERONIKA AHN-TAUCHNITZ

Benediktbeuern – Betreuung von Gästen, Seminarbetrieb, Arbeiten in der Natur. So hatte sich Katharina ihren Bundesfreiwilligendienst im Zentrum für Umwelt und Kultur im Kloster Benediktbeuern vorgestellt. Doch zehn Tage nach ihrem Dienstantritt war alles anders. Katharina saß in ihrem Zimmer, als die Scheiben des Fensters splitterten. „Das war schon ein Schock“, sagt die 18-Jährige. Knapp zehn Minuten dauerte der Hagelschlag, der an jenem Tag Benediktbeuern, Teile von Bichl, Kochel und des Isarwinkels verwüstete. 2600 Gebäudeschäden zählte die Feuerwehr später. Die massivste Zerstörung gibt es in Benediktbeuern, eigentlich steht dort kein Haus, das unbeschädigt geblieben ist.

Vergangene Woche machte sich Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ein Bild, am Dienstag begutachtete Bezirkstagspräsident Josef Mederer die Schäden am Klosterkomplex. Der Bezirk selbst ist Mieter im Maierhof. Dort ist unter anderem das Zentrum für Trachtengewand untergebracht. Die Räume sind feucht, eine Fensterfront ist zerstört. 20 000 historische Textilien lagern dort, die ältesten stammen aus der Mitte des 17. Jahrhunderts, berichtet Bezirksheimatpflegerin Astrid Pellengahr. Glücklicherweise habe man alles schnell ins Freilichtmuseum auf der Glentleiten auslagern können.

Als das Unwetter losbrach, hatte gerade ein Seminar für Federkielstickerei stattgefunden. „Dann sind den Teilnehmern die Scheiben um die Ohren geflogen.“ Dass bis auf zwei Schnittwunden niemanden etwas passiert sei, „ist ein Wunder“, sagt Alexander Wandinger, Leiter des Zentrums für Trachtengewand. Das ist so oder so ähnlich an diesem Vormittag immer wieder zu hören.

Wann wieder ein Beherbergungsbetrieb möglich sein wird, ist völlig offen. Viele Dächer des Maierhofs sind mit Planen bedeckt, zahllose Fenster mit Holzplatten abgedichtet. „Im Westtrakt ist nur noch das Erdgeschoss intakt“, sagt Benedikt Hartmann, Geschäftsführer des Zentrums für Umwelt und Kultur. „Der erste und zweite Stock sind nicht zu retten.“ Weil im Westtrakt aber die Fluchtwege der anderen Gebäudeteile münden, können auch diese nicht genutzt werden. „Die Zimmer für die Schulklassen sind komplett verloren“, sagt Hartmann. Bildungsangebote könnten nur noch draußen stattfinden – oder in Zusammenarbeit mit dem Aktionszentrum und der Jugendherberge. „Wir rücken auf dem Gelände noch enger zusammen.“

An vielen Stellen im Maierhof liegen noch zertrümmerte Dachziegel. Der Hof und das gesamte Klostergelände sind gesperrt. Es gibt aber auch Schönes in der Katastrophe – beispielsweise das Engagement der jungen Freiwilligen. „Was die wegarbeiten, das nötigt mir höchsten Respekt ab“, sagt Hartmann. Zu tun gibt es genug: zertrümmerte Ziegel wegräumen, Bäume im Moor aufarbeiten. „Vor zwei Wochen habe ich nicht gedacht, dass ich hier Ziegel schleppen muss“, sagt Hannah (18). „Aber wir wollen helfen“, ergänzt Katharina. „Auch wenn wir erst kurz hier sind, ist das unser Zuhause geworden.“

Einen Abstecher macht Mederer auch in den Arkadenhof. „Alles auf der Westseite ist zerstört“, sagt Kloster-Einrichtungsleiter Franz Wasensteiner. Nur zwei Fenster der Basilika haben auf dieser Seite überlebt. „Daneben sind Büros von Mitarbeitern, die beim Unwetter glücklicherweise nicht besetzt waren. Da haben Scherben der Fenster in den PCs gesteckt.“ Viele Dächer sind mit Planen abgedeckt, an anderen wird gearbeitet. Man habe sich bemüht, Betriebe zu finden, die von etwas weiter weg sind, um zu verhindern, dass die Hausbesitzer im Dorf keine Handwerker finden. Untergebracht sind die Arbeiter in der Jugendherberge, die glimpflich davonkam.

Handwerker braucht Benediktbeuern tatsächlich dringend. „Ziel muss es sein, möglichst viele Dächer vor Ende Oktober winterfest zu bekommen“, sagt Bürgermeister Anton Ortlieb. „Notdächer reichen dafür nicht.“ An zahlreichen Häusern wird schon gearbeitet. Der Rathaus-Chef weiß aber auch von einigen Hausbesitzern, die resigniert haben angesichts des Bergs an Arbeit, vor dem sie stehen. Die Gemeinde möchte helfen und hat auf der Homepage eine Handwerkerliste zusammengestellt. Weitere Firmen werden händeringend gesucht. Handwerker, die helfen können, melden sich via Mail an info@benediktbeuern.de.

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