München – Substitutionslehrkräfte, Ein-Fach-Lehrer, Teamlehrkräfte, Schulassistenzen – die Liste derjenigen, die in Grund- und Mittelschulen aushilfsweise einspringen, ist lang. Geschätzt 20 000 bis 30 000 Hilfslehrer gibt es bayernweit an den Grund- und Mittelschulen. Und es werden immer mehr, die Rektoren kämen mit dem Unterschreiben von Aushilfsverträgen vor dem Schulstart kommenden Dienstag kaum mehr hinterher, warnte BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann gestern in München.
Sie zieht jetzt die Reißleine, fürchtet die zu starke Vermischung des Personals und die „Entprofessionalisierung“ des Unterrichts. Es sei nun an der Zeit, die „Kernmannschaft“, also die normal ausgebildeten Lehrer, mit einem Sofortprogramm zu stärken. Zu diesen zählt der BLLV auch die sogenannten Quereinsteiger, die nach einem Master-Studium und normaler Berufstätigkeit etwa als Physiker oder Techniker in einem zweijährigen Referendariat zum Lehrer ausgebildet werden. 600 von ihnen starten in diesem Schuljahr, hat Kultusminister Michael Piazolo bekannt gegeben (wir berichteten).
Von den Quereinsteigern zu unterscheiden seien die vielen Aushilfslehrer. Ohne sie, das gibt Fleischmann gerne zu, sei der Unterricht an den Grund- und Mittelschulen heutzutage nicht mehr zu stemmen. Das Hauptmanko sei aber der anhaltende Lehrermangel. Mehrere tausend Lehrer – die Schätzungen schwanken – fehlen allein an den Grund- und Mittelschulen. Die Situation sei aber wohl besser als im vergangenen Schuljahr. Trotzdem dürfte es zum Schulstart hie und da schon knirschen, berichtete der BLLV-Vizepräsident Gerd Nitschke. Mal gebe es keine Förderstunden für fremdsprachige Migranten-Kinder, mal müsse die Grundschullehrerin nach dem Prinzip der „offenen Tür“ zwei Klassen gleichzeitig beaufsichtigen, weil die Kollegin wegen Krankheit ausfällt. Das sei der ganz normale Alltag vieler Lehrer, berichtete auch Antje Radetzky, Grundschulrektorin in Ismaning (Kreis München) und im Nebenamt BLLV-Abteilungsleiterin. „Meine Lehrkräfte sind wirklich am Ende.“ Ihre Kollegin Sabine Bösl, ebenfalls BLLV-Abteilungsleiterin und Grundschulrektorin in Holzkirchen (Kreis Miesbach), bezeichnet vor allem Kürzungen bei der Förderung der Schüler in Kleingruppen als problematisch. „Wir spüren, dass wir vielen Schülern nicht mehr gerecht werden.“
Ein Patentrezept, woher der Freistaat die fehlenden Lehrer nehmen soll, hat der BLLV auch nicht. Umso wichtiger sei das Sofortprogramm „zur Stärkung der Kernmannschaft“. Es umfasst 36 Punkte: Keine großen Klassen, Gruppengrößen im Fachunterricht beschränken, attraktive Arbeitszeitmodelle, mehr Schulpsychologen, mehr Beförderungen – das sind nur einige der Forderungen.
Umwälzende politische Positionen, etwa nach längerer gemeinsamer Schulzeit oder weniger Notendruck, wie man sie vom BLLV eigentlich kennt, sind nicht auf der Liste. Jetzt sei nicht die Zeit für Schulrevolutionen „mit der Brechstange“, sagte Fleischmann.