Steinwurf auf Grünen-Spitzenduo

von Redaktion

VON DIRK WALTER

Neu-Ulm/München – Man hört Trillerpfeifen und Buh-Rufe, jemand hält ein Schild mit der Parole „Grüne Waffen töten nachhaltiger“, ein anderer „Schlau wählt Blau“ – blau steht für die AfD. Eine Grünen-Wahlveranstaltung in Neu-Ulm mit den beiden Spitzenkandidaten für die Landtagswahl, Katharina Schulze und Ludwig Hartmann, stand am Sonntagabend hart am Rande des Abbruchs. Unrühmlicher Höhepunkt des Abends vor etwa 100 Grünen-Anhängern und 50 Störern war ein Steinwurf auf offener Bühne. Etwa 30 Minuten nach Beginn der Veranstaltung warf ein 44-Jähriger aus Baden-Württemberg einen Stein, der das Duo verfehlte. Verletzt wurde niemand.

Auf einem Video, das auf Youtube veröffentlicht wurde, sieht man, wie sich während einer Rede von Hartmann von rechts ein Mann offenbar ungehindert von den Sicherheitskräften nähert und den Stein wirft. Hartmann unterbricht daraufhin seine Rede. Als Erste reagiert die Grünen-Politikerin Katharina Schulze, die mit Hartmann zusammen auf der Bühne steht. „Wir sind heute hier, um miteinander zu reden, und nicht um Steine auf die Bühne zu schmeißen“, ruft sie ins Mikrofon. Und weiter: „Das hat mit Demokratie gar nichts zu tun.“

Gegenüber unserer Zeitung erklärte Hartmann. „Ich habe mich nicht mehr sicher gefühlt.“ Der Steinwurf sei eine neue Qualität, er führe das auch auf das aufgeheizte politische Klima zurück. Ministerpräsident Markus Söder und sein Vize Hubert Aiwanger seien zwar nicht für den Steinwurf verantwortlich. „Aber für die aufgeheizte politische Stimmung tragen sie eine Verantwortung.“ Söder hatte zuletzt mehrmals – auch in unserer Zeitung – erklärt, die Grünen hätten „kein Bayern-Gen“. Hartmann sprach von einer „gewaltigen Hetzerei“, die in Bierzelten stattfinde. Es sei höchste Zeit, die „aufgeheizte Stimmung einmal runterzukühlen“.

Der Steinewerfer wurde von der Polizei festgenommen, er leistete dabei Widerstand und verletzte zwei Polizisten leicht. Ermittlungen wegen versuchter Körperverletzung, Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte laufen. Nach Aufnahme der Personalien kam der wegen anderer, allerdings weit zurückliegender Delikte polizeibekannte Mann auf freien Fuß. Die Grünen-Parteizentrale will mit der Polizei nun das Sicherheitskonzept für Veranstaltungen überprüfen.

Harte Attacken während des Wahlkampfes sind die Grünen gewohnt, sagt Hartmann. In Schweinfurt kürzlich hätten „Querdenker, Impfgegner und Putin-Verehrer“ gestört. „Aber das hat die Polizei vor Ort sehr gut gemanagt.“ Andere Veranstaltungen wie in Straubing oder Weiden seien ungestört verlaufen.

„Gegen Pfiffe oder Zwischenrufe habe ich auch nichts, das ist lebhafte Demokratie, das habe ich früher selbst gemacht“, sagt der Grünen-Politiker. Doch Steinwürfe im Wahlkampf seien „ein Angriff auf die Demokratie“.

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