Krankenhäuser gehen auf die Barrikaden

von Redaktion

VON SASCHA MEYER

Berlin – Die Klinikbranche hat wegen akuter wirtschaftlicher Nöte vieler Standorte erneut zusätzliche Hilfen des Bundes verlangt. „Die finanzielle Situation der Krankenhäuser ist dramatisch, und sie gefährdet die Versorgungssicherheit für die Bevölkerung“, sagte der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, anlässlich des bundesweiten Protesttags am Mittwoch. In vielen Krankenhäusern und Regionen sei die Verunsicherung groß. Der Verband fordert daher einen schnellen „Inflationsausgleich“. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) machte keine neuen Zusagen und verwies auf die geplante Krankenhausreform, die auch kleinere Kliniken absichere.

Unter dem Motto „Stoppt das Krankenhaussterben“ gab es neben einer zentralen Kundgebung am Brandenburger Tor in Berlin auch Aktionen in weiteren Städten, darunter Düsseldorf, Frankfurt/Main und Stuttgart. Die Gewerkschaft Verdi unterstützte den Protest. Vorstandsmitglied Sylvia Bühler sagte: „Krankenhäuser in wirtschaftlicher Schieflage brauchen sofort zweckgebundene Hilfen zur Finanzierung steigender Preise und Personalkosten.“ Tausende Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel, das müssten Bund und Länder verhindern. „Kein Krankenhaus, das für die Versorgung gebraucht wird, darf geschlossen werden.“

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft warnte im Protestaufruf: „Die extrem gestiegenen Preise zwingen viele Kliniken in die Knie.“ Kaum ein Haus könne die Ausgaben noch aus laufenden Einnahmen begleichen.

Lauterbach bekräftigte, dass die Krankenhausreform notwendig sei. Es seien nicht mehr genug Behandlungsfälle und Personal da, um 1700 Häuser am Netz zu halten, sagte er im ZDF. Jetzt treffe es in einem „unkontrollierten Prozess“ aber teils die falschen Standorte.

Die Reform sieht unter anderem vor, das Vergütungssystem mit Pauschalen für Behandlungsfälle zu ändern, um Kliniken vom Druck zu immer mehr Fällen zu lösen. Daher sollen sie einen großen Anteil der Vergütung allein schon für das Vorhalten von Leistungsangeboten bekommen.

Forderungen auch der Länder nach einer Extra-Finanzspritze noch vor der Reform hatte Lauterbach auch wegen nötiger Haushaltseinsparungen bereits mehrfach abgelehnt. Er verwies auch auf Milliardenhilfen des Bundes in der Corona-Pandemie und für gestiegene Energiekosten. Der FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann sagte, der Protesttag sei verständlich, aber die Richtung vollkommen daneben. „Statt die Bundesländer als Verantwortliche anzuzählen und zum Handeln aufzufordern, polemisiert man gegen den Bund.“ Lauterbach monierte ebenfalls, dass die Länder Investitionskosten unzureichend zahlten.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) rief Kanzler Olaf Scholz (SPD) auf, die Klinikfinanzen zur Chefsache zu machen und als Teil des „Deutschland-Paktes“ voranzutreiben. Wegen des Wahlkampfes und des Oktoberfestes hat es im Freistaat aber keine zentrale Kundgebung gegeben. Dennoch beteiligten sich viele Kliniken und deren Mitarbeiter mit Infoständen, rot beleuchteten Fassaden oder roten Aufklebern auf der Kleidung am Protest, während sie weiter ihre Patienten versorgten. „Die klare Botschaft ist, wir brauchen dringend Unterstützung und eine faire Krankenhausfinanzierung“, sagte der Sprecher der bayerischen Krankenhausgesellschaft, Eduard Fuchshuber. „Wir erwarten in Bayern bis Ende dieses Jahres 1,4 Milliarden Euro Defizit bei den Betriebskosten aller Kliniken“, führte er aus. „Wir verlieren zurzeit knapp 100 000 Euro pro Stunde.“

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