Zu spät, zu kurz, zu voll

von Redaktion

VON DIRK WALTER

München/Freising – Die Listen lesen sich wie ein Offenbarungseid: Auf hunderten von Seiten hat das bayerische Verkehrsministerium für vier Regionalzug-Verbindungen sowie für die S1 detailliert aufgeschrieben, welche Züge an welchen Tagen zu kurz waren. Allein 68 Seiten füllt die Mängelliste für die S1. An manchen Tagen war laut Aufstellung, die von Oktober 2022 bis Juni 2023 reicht, jeder Zug zu kurz.

Die Liste verzeichnet immer Soll- und Ist-Stärke, wobei eine S-Bahn-Garnitur aus vier Waggons besteht. Statt zwölf Waggons waren laut Liste oft nur acht Waggons unterwegs oder statt acht nur vier – immer fehlt also eine Garnitur. Ein ähnliches Bild gibt es für den RE2, den Alex von München nach Regensburg oder Schwandorf. Die Liste füllt hier 111 Seiten, es sind tausende von Zugverbindungen. Mal hat der Zug nur drei statt sieben Waggons, mal sechs statt neun – so zieht sich das über Seiten. Beim RE50 München–Nürnberg (über Regensburg) umfasst die Mängelliste 73 Seiten, beim RE3 München-Passau 59 Seiten. Oft fehlen Doppelstockwaggons, die „aufgrund hohen Schadstands und verschiedener Störungen nicht wie geplant zur Verfügung“ stehen, wie das Ministerium einräumt. Aber auch auf der Linie RE3 hapert es – dort sind Triebzüge eingesetzt. Manchmal fehlt ein Zug.

Der Grünen-Abgeordnete Johannes Becher verweist auf den Verkehrsdurchführungsvertrag zwischen DB Regio und dem Freistaat. Demnach müssen eigentlich 15 Prozent an Ersatzwaggons vorgehalten werden. Offenbar sind über Monate deutlich mehr als 15 Prozent der Waggons defekt, folgert Becher, sonst wären die zu kurzen Züge ja nicht erklärbar. „Und offenbar stört es das Verkehrsministerium nicht wirklich.“

Entspannung zumindest auf der Strecke nach Passau sollte eigentlich ein Wechsel des Betreibers auf dem Augsburger Streckennetz bringen. Dort hat die Bahn Ende 2022 den Vertrag für den Fuggerexpress an Go-Ahead verloren – die dort eingesetzten Züge der Baureihe ET 440 könnten den Donau-Isar-Express verstärken. Aber dem war nicht so, das Verkehrsministerium berichtet in der Antwort auf eine Anfrage über „lediglich eine geringfügige Verbesserung“. „Hierfür sind einerseits eine hohe Mitarbeiterfluktuation sowie der ganzjährig hohe Krankenstand in der Werkstatt Pasing“ verantwortlich, berichtete die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) bereits im Dezember 2022 an Bechers Büro. In der Antwort des Verkehrsministers Christian Bernreiter (CSU) werden auch eine schwierige Ersatzteilversorgung infolge der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges sowie Fachkräftemangel genannt.

Eigentlich muss die Bahn ebenso wie die Länderbahn, dem Betreiber des Alex, für zu kurze Züge eine Strafe zahlen, die sogenannte Pönale. Doch das hat offenbar keine Wirkung. Die BEG sicherte Becher jedoch zu, dass ab dem Fahrplanjahr 2025 ein neuer Verkehrsvertrag „Donau – Isar“ in Kraft trete, in dem „eine schärfere Pönalisierung der Abweichungen von der Regelzugbildung vorgesehen“ sei.

Eine gute Nachricht kann man der Anfrage auch entnehmen: Ab Dezember 2024 soll der letzte Zug des RB33 München–Landshut an Wochenenden nachts um 1 Uhr fahren. Momentan geht der letzte Zug um 0.04 Uhr – Nachtschwärmer etwa aus Moosburg müssen also früh heim.

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