Tempo 20 gewinnt an Fahrt

von Redaktion

München/Fürstenfeldbruck – Früher war Tempo 30 umstritten, heute Tempo 20? Hannover macht gerade Schlagzeilen, weil dort die Innenstadt „nahezu autofrei“ sein soll, wie Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) dem „Spiegel“ sagte. Ein Mittel dazu: die Einrichtung von Tempo-20-Zonen. Einfach nach Lust und Laune darf Hannover diese Zonen nicht ausweisen, es gibt strikte Regeln. Wie es geht, könnte der Niedersachse auch in Oberbayern erfragen. Dort sprießt das Zeichen 274,1 – das 20er-Zonen-Schild – aus dem Asphalt wie derzeit nur Schwammerl im Wald.

Na ja, vielleicht ist das etwas übertrieben. Fest steht jedoch, dass sowohl in München als auch in mehreren Kreisstädten 20er-Zonen entweder ausgewiesen wurden oder darüber diskutiert wird.

In Garmisch-Partenkirchen zum Beispiel ist der Verkehr am Ende der Fußgängerzone an einer Geschäftsstraße auf Tempo 20 limitiert, in Starnberg am Bahnhofsplatz und in Wasserburg in der Altstadt. In München-Trudering wurde der Ortskern unter dem Motto „Weniger Raum für Verkehr, mehr Platz für Fußgänger“ für einen Millionenbetrag umgebaut und auf Tempo 20 beruhigt. In Dachau ist es laut Stadtratsbeschluss für die gesamte Altstadt geplant.

Der Bayerische Städtetag findet die Initiative „als Beitrag zur Entschleunigung“ sinnvoll, wie Sprecher Achim Sing sagt. Im Sinne des Konzepts der „Shared Spaces“ gehe es darum, Straßenräume gerecht aufzuteilen zwischen Autos, Fußgänger und Radlfahrern. Sogar der ADAC hat gegen Tempo 20 nichts grundsätzliches vorzubringen. „Es gibt keine ADAC-Empfehlung, die Tempo 20 grundsätzlich ausschließt“, sagt Sprecher Andreas Hölzel. Es komme auf den Einzelfall an.

Möglich ist Tempo 20 in einem „verkehrsberuhigten Geschäftsbereich“, wie es in der Straßenverkehrs-Ordnung, Artikel 45, Absatz 1d seit 1990 heißt: „In zentralen städtischen Bereichen mit hohem Fußgängeraufkommen und überwiegender Aufenthaltsfunktion (verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche)“, so heißt es dort, „können auch Zonen-Geschwindigkeitsbeschränkungen von weniger als 30 km/h angeordnet werden.“

Lange wurde der Artikel wenig angewandt, in Zeiten von Klimawandel und Verkehrswende ändert sich das gerade. In Fürstenfeldbruck wurde Tempo 20 im vergangenen Jahr in der Schöngeisinger Straße verhängt, einer Durchfahrtsstraße mit viel Geschäften, aber eben auch vielen Autos. Hier gab es allerdings auch Murren. Das Landratsamt machte Einwände geltend, die Behörde bestreitet die von der Stadt festgestellte „Flanier- und Aufenthaltsfunktion“ der Straße, schließlich gebe es viel Durchfahrtsverkehr. Das Instrument sei sinnvoll, wo flaniert werde, zitiert der „Spiegel“ einen Verkehrsforscher der TU Dresden. Ein Mittel gegen Lärm, Abgase oder Unfälle sei es kaum. Das Risiko, bei einem Unfall zu sterben, unterscheide sich bei 20 oder 30 km/h kaum – anders als bei 30 oder 50 km/h.

Auf den Geschmack ist auch München gekommen. Dem Truderinger Beispiel könnten bald weitere folgen: Der Partnachplatz in Sendling und die Augustenstraße in der Maxvorstadt wurden schon genannt. „Als Element der Verkehrsplanung wird die Schaffung von verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen – einhergehend mit der Anordnung von Tempo 20 – zukünftig sicherlich an Bedeutung gewinnen. Auch in München“, erklärt das Mobilitätsreferat.  dw/st/zip

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