NACHGEFRAGT

Mit dem Handbike bergauf

von Redaktion

Albert Hirschbichler (66) aus Bad Reichenhall ist seit einem Kletterunfall vor fast 26 Jahren querschnittsgelähmt. Es dauerte, bis der Kletterer und Skitourengeher mit seinem Schicksal klar kam. Dann kaufte sich der frühere Psychologe sein erstes Handbike – und erobert seitdem die Berge. Ganz ohne Elektroantrieb.

Warum fahren Sie mit dem Handbike?

Das ist jetzt mehr als 25 Jahre her: Einmal beim Klettern nicht aufgepasst und schon liegt man 30 Meter tiefer. Die Wirbelsäule bekam einen Knacks, meine Beine funktionieren nicht mehr.

Für einen Sportler ist das sicher eine Katastrophe…

Am Anfang dachte ich, dass es gescheiter gewesen wäre, wenn ich gleich im Jenseits gelandet wäre. Ich habe jede Form von Sport abgelehnt. Behindertensport, dachte ich, das ist nichts für mich. Aber dann bekam ich ein Handbike zum Probefahren. Aus eigener Kraft unterwegs sein, weite Strecken, eine neue Erfahrung. Davor kam ich bei meinen Krückenübungen nur rund 30 Meter vom Auto weg. Am Anfang kam ich nicht weit, bergauf schon gleich gar nicht. Im zweiten Jahr kam ich schon zur Litzlalm hoch und bald auch zur Stoißer Alm am Teisenberg.

Welchen Sport können Sie noch machen?

Ich war ja vor dem Unfall begeisterter Kletterer und Skitourengeher. Das geht natürlich nicht mehr. Aber mit dem Handrad komme ich auch in der Gegend rum, sogar ins Gebirge. Halt nicht mehr ganz hinauf, aber da war ich ja früher. Im Winter gibt es Schlittenlanglauf und Monoski: Langlaufen mit Armkraft und Skifahren in einer Sitzschale. Ich habe tatsächlich Freude damit.

Gibt es für ein Handbike keinen E-Motor?

Doch, aber das will ich nicht. Wenn ich schon Rad fahre, will ich selber fahren, aus eigener Kraft. Auch wenn das langsamer geht. Zum Radfahren gehört doch, dass man sich ein bisschen plagt. Wenn ich mit dem Handrad unterwegs bin, sehe ich die, die mich überholen: Keiner schnauft mehr, keiner schwitzt mehr, keiner strengt sich an. An jeder Steigung hört man nur noch das Surren der Elektromotoren. Das ist Verrat an der Sache des Radsports. Früher hat man halt mal geschoben, wenn es steil war.

Ältere Radlfahrer schätzen die Unterstützung…

Wenn sich jemand ab 60 ein E-Bike zulegt, kommt mir das überhaupt nicht komisch vor. Aber heutzutage? Fast alle Menschen in den besten Jahren fahren nur noch mit Elektromotor. Wo soll das hinführen? Ich freue mich jedes Mal, wenn ich auf meinen Touren jemanden ohne Akku treffe.  Interview: Kilian Pfeiffer

Artikel 1 von 11