Landräte fordern Nacht-S-Bahnen

von Redaktion

VON DIRK WALTER UND DOMINIK GÖTTLER

München – Nachtschwärmende Jugendliche aus dem Umland kennen das Problem. Nachts aus dem Club nach Hause ist schwierig, denn die letzte S-Bahn ist schon weg. Beispiel: Die letzte S4 vom Münchner Hauptbahnhof nach Fürstenfeldbruck fährt wochentags um 1.41 Uhr, dann erst wieder um 4.30 Uhr. Drei Stunden geht gar nichts mehr. Nur am Wochenende fährt noch ein „Lumpensammler“, der das Nachtpublikum um 2.41 Uhr aufsammelt. Ähnlich ist es bei den anderen Linien: Beispiel S2 nach Erding: Letzte S-Bahn wochentags ab Hbf: 1.31 Uhr; erste: 5.11 Uhr. Auch hier gibt es nur am Wochenende zumindest eine S-Bahn, die noch um 2.31 Uhr startet – danach ist gähnende Leere am Bahngleis.

Nun aber stellt die Münchner U-Bahn auf einen 24/7-Verkehr um – ein Halbstundentakt auf allen Linien rund um die Uhr (wir berichteten) –und bringt die S-Bahn in Zugzwang: „Wir sind schon lange für Nacht-S-Bahnen“, sagt der Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß (CSU), der Sprecher der MVV-Landkreise ist. Bereits in einem Positionspapier mit dem Titel „Zukunftsperspektiven für die S-Bahn München aus Sicht der Verbundlandkreise“ taucht die Forderung auf. Dass es „kein regelmäßig vertaktetes Leistungsangebot zwischen ca. 1 Uhr und ca 5 Uhr“ gebe, so heißt es dort, sei „für einen derart prosperierenden Großraum nicht mehr zeitgemäß“. Das Papier stammt aus dem Jahr 2016 – doch in den sieben Jahren seitdem hat sich im Nachtverkehr nichts getan.

Im vergangenen Jahr forderte der Fahrgastverband Pro Bahn eine Initiative, ohne damit auf Widerhall zu stoßen. „Das ist Thema, das muss man wohl öfters ansprechen“, sagt Pro-Bahn-Sprecher Andreas Barth. Ein überschaubares und zuverlässiges Grundangebot auch in er Nacht – etwa ein Ein-stunden-Takt auf allen Linien – sei notwendig.

Wenn sie sich nicht in der City die Zeit vertreiben, teilen sich Jugendliche oft ein Taxi. Das hat jedoch seinen Preis. Eine Taxifahrt vom Hauptbahnhof nach Fürstenfeldbruck kostet nach Angaben des Münchner Taxizentrums im Schnitt circa 75 Euro, nach Starnberg 65 Euro. Da viele Jugendliche ein 49- oder gar 29-Euro-Ticket haben, wäre die S-Bahn-Fahrt in der Nacht hingegen praktisch gratis.

Wie immer entscheidend sind die Kosten sowie die Personalverfügbarkeit. Züge sind nach Einschätzung von MVV-Landrat Niedergesäß genügend vorhanden. Bei den Kosten ist nach vorsichtiger Einschätzung von Experten von etwa sieben Millionen Euro auszugehen. Bezahlen müsste das der Freistaat Bayern.

Bisher ist die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG), die den Nah- und Regionalverkehr im Auftrag des Verkehrsministerium von Christian Bernreiter bestellt, wenig aufgeschlossen für den Gedanken. Auf Anfrage unserer Zeitung kam von der BEG nur ein – freilich eindeutiger – Satz: „Eine Ausdehnung des S-Bahn-Nachtverkehrs ist derzeit nicht geplant.“

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