Regensburg/Venedig – Sid G. war ein Weltenbummler. Der 28-Jährige aus Regensburg machte gerade Urlaub in Venedig, auf Facebook führte er ein Reisetagebuch, in dem er Fotos postete. Am Dienstagabend setzte er sich in den Elektro-Bus, der ihn aus Venedig zurück zu seinem Campingplatz im Stadtteil Marghera bringen sollte. Nach nur 20 Minuten Fahrt stürzte der Bus von der höher gelegenen Autobahn zehn Meter in die Tiefe. Das Fahrzeug ging in Flammen auf. Der junge Regensburger ist unter den 21 Todesopfern. Auch zwei weitere Deutsche kamen bei dem Unglück ums Leben.
Noch immer sind nicht alle Leichen identifiziert und nicht alle Angehörigen verständigt. Deshalb gibt das Auswärtige Amt noch keine Informationen zur Herkunft der Todesopfer. Wie unsere Zeitung aus Ermittlerkreisen erfuhr, wurden die bayerischen Behörden vom deutschen Außenministerium bereits aufgefordert, nach den Angehörigen des jungen Regensburgers zu suchen. Er war erst vor Kurzem nach Dänemark gezogen.
Sid G. war in Regensburg zur Schule gegangen. Später studierte er Psychologie und Computer Software Engineering. Nach Stationen in Hotels in München und Neuseeland heuerte G. Anfang Januar bei einer dänischen Hotelkette an. Da hatte er gerade erst eine schwere Krebserkrankung überwunden, an deren persönlichkeitsverändernden Folgen er seine Facebook-Follower teilhaben ließ: „Es ruiniert Hochzeitspläne, Familie und Freunde. Weil du nach Krebs und den Behandlungen nicht mehr derselbe bist.“
Zu den überlebenden deutschen Opfern der Bus-Katastrophe von Venedig gehören nach Informationen unserer Zeitung auch zwei Kinder im Alter von sieben und 13 Jahren, die derzeit im Hospital von Treviso behandelt werden. Sie kamen am Dienstagabend in kritischem Zustand mit Wirbelsäulenverletzungen, Oberschenkelfrakturen und einem Lumbaltrauma im Operationssaal an, sind aber mittlerweile außer Lebensgefahr.
In Italien geht die Suche nach den Hintergründen des Unfalls weiter. Als Ursache wird weiterhin ein Schwächeanfall des italienischen Busfahrers vermutet. Das tragische Unglück hat aber auch eine Debatte über die marode Infrastruktur des Landes ausgelöst. Es wird nun vor allem über die Sicherheit der Leitplanken auf den Straßen und Autobahnen diskutiert. Wie der Verkehrsstadtrat der Lagunenstadt, Renato Boraso, in mehreren am Donnerstag veröffentlichten Interviews erklärte, entsprach die Leitplanke an der Stelle, an der das Fahrzeug von einer Brücke in die Tiefe stürzte, nicht den geltenden Sicherheitsstandards.
Die Ermittler würden mit Hochdruck arbeiten, sagte der Staatsanwalt von Venedig, Bruno Cherchi. Ersten Rekonstruktionen zufolge stürzte der Bus knapp zehn Meter tief und fiel flach aufs Dach. Wäre der Aufprall auf der Seite erfolgt, hätte es nicht so viele Opfer gegeben, sagte ein Feuerwehrmann. Der Bus war ursprünglich drei Meter hoch, durch den Aufprall wurde er auf 1,40 Meter zusammengequetscht.