„Die Kontrollen müssen auf den Prüfstand“

von Redaktion

Gesundheitsminister Holetschek will mit einem Modellprojekt Bürokratie in der Pflege abbauen

Buxheim/München – Vor einem Monat hat Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek einen Tag in einem BRK-Pflegeheim in Buxheim im Allgäu mitgearbeitet. Es dauerte nicht lange, bis die Pflegekräfte ihn beeindruckt hatten – mit ihrer Empathie und ihrer Kompetenz, wie er danach berichtete. „Aber ich habe auch gesehen, wie sehr das Pflegesystem auf Kante genäht ist.“ Weil Personal fehlt – aber auch, weil die Dokumentation so aufwendig ist. „Die Wohnbereichsleiterin schilderte mir, dass sie 75 Prozent ihrer Arbeitszeit mit Bürokratie beschäftigt ist“, berichtet er. Der CSU-Politiker versprach, schnell nachzubessern.

Deshalb ist er vor Kurzem noch mal nach Buxheim gefahren, außerdem waren Mitarbeiter des Landesamts für Pflege in insgesamt zwölf Pflegeeinrichtungen. „Wir müssen alle an einen Tisch holen und viele Vorgaben hinterfragen“, sagt Holetschek im Gespräch mit unserer Zeitung. „Auch die Kontrollen müssen auf den Prüfstand.“ Er will hinterfragen, ob sie wirklich von Heimaufsicht und dem Medizinischen Dienst durchgeführt werden müssen oder besser verzahnt werden können. „Die Pflegekräfte haben nichts gegen die Kontrollen, das habe ich gespürt“, berichtet er. „Aber sie sind gegen die Doppelstruktur.“ Wichtig ist ihm außerdem, dass sie die Prüfungen nicht als Misstrauen empfinden. „Sie müssen auf Augenhöhe passieren.“

Pflegekräfte klagen seit vielen Jahren über zu viel Bürokratie. Immer wieder hat es Ansätze oder Projekte gegeben, um beispielsweise die Dokumentationspflicht zu überarbeiten. „Ehrlicherweise sind wir damit aber nicht weitergekommen“, sagt Holetschek. Deshalb hat er entschieden, in Bayern ein Modellprojekt zu initiieren. Das Bundesgesetz muss letztendlich im Bundestag geändert werden. „Ich will aber nicht nur den x-ten Brief nach Berlin schreiben“, betont er. Sein Ziel ist es, in Buxheim nun alle an einen Tisch zu holen: Heimaufsicht, Medizinischen Dienst – er selbst will auch dabei sein.

„Ich habe mir alle Qualitätsberichte angeschaut, das ist wirklich eine ganze Menge Papier“, sagt er. „Jetzt müssen wir prüfen, wo wir Doppelstrukturen bei den Kontrollen abbauen können.“ Es dürfe keine Denkverbote geben. Mögliche Ansätze seien, dass die Heimaufsicht den Medizinischen Dienst beauftragt oder dass Teams gebildet werden. „Ich will das Thema radikal angehen“, kündigt Holetschek an. „Bis hin zu der Frage, ob wir die Heimleitungen stärken können, damit sie ihren Mitarbeitern mehr den Rücken freihalten.“ Er finde es unerträglich, dass über das Thema schon so lange diskutiert werde, Pflegekräfte aber bis heute keine Verbesserungen spüren.

Die Dokumentation bedeutet für die Pflegekräfte natürlich auch, dass eine Tätigkeit nachweisbar erledigt wurde. Einige fürchten, dass sie in eine missliche Lage kommen könnten, wenn weniger dokumentiert wird – Holetschek versteht das. Er betont aber: „Die Beurteilung der Gepflegten muss wichtiger sein, als ein Haken, der dann den Maßstab für eine Rüge oder dergleichen bildet.“

Die Kontrollen will er nicht abschaffen – aber optimieren. „Wenn gravierende Missstände auftreten, will ich sofort reagieren und mit aller Konsequenz durchgreifen können“, kündigt er an. „Bis hin zur Schließung von Einrichtungen.“ KATRIN WOITSCH

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