„Die Wahl zeigt, man hat mir verziehen“

von Redaktion

Ex-SPD-Hoffnung Michael Adam wird nach Rücktritt wieder Bürgermeister von Bodenmais

Michael Adam wird wieder Bürgermeister von Bodenmais im Bayerischen Wald. Der 38-jährige SPD-Politiker hat sich gegen Amtsinhaber Joli Haller (CSU) und den dritten Bewerber Robert Stiefel (FW) mit absoluter Mehrheit durchgesetzt. Adam war bereits 2008 Bürgermeister in Bodenmais und SPD-Hoffnungsträger. Er machte nicht nur als jüngster Rathauschef Deutschlands Schlagzeilen, sondern auch mit dem offenen Bekenntnis, schwul zu sein. 2011 wurde er Landrat von Regen, gab den Posten aber 2017 aus persönlichen Gründen auf – nachdem er mit einer Affäre in seinem Dienstzimmer für einen Skandal gesorgt hatte. Dass er das Amt zurückerobern konnte, wertet Adam dafür, dass die Wähler ihm verziehen haben.

Sie haben gleich beim ersten Anlauf 66 Prozent der Stimmen bekommen – haben Sie mit so einer klaren Mehrheit gerechnet?

In keinster Weise. Ich hatte die Stichwahl schon vorbereitet, die Flyer liegen im Keller, die Videos sind gedreht. Ich bin nicht davon ausgegangen, dass ich gegen den Amtsinhaber und einen weiteren Kandidaten im ersten Anlauf eine Chance habe.

Vor sechs Jahren haben Sie sich aus der Politik zurückgezogen. Warum wollten Sie nun zurück?

Ich habe es vermisst, eine Aufgabe zu haben und etwas gestalten zu können. Ich habe zwar einen tollen Job, in dem ich Entscheidungen treffen darf. Aber mir fehlte das Gefühl, etwas zu bewegen. Ich hatte der Liebe wegen eine Zeit lang außerhalb des Landkreises gewohnt. Als ich zurückzog, kamen viele Leute auf mich zu und haben mich gebeten, noch mal zu kandidieren. Das war ein sehr schönes Gefühl. Ich bin lange in mich gegangen, habe mit Weggefährten gesprochen – und mich entschieden, es zu probieren.

Damals waren Sie der jüngste Landrat Bayerns und hatten Probleme, mit dem Druck umzugehen. Wollen Sie Ihr Amt heute anders angehen?

Ich habe heute ein Umfeld, das mir damals fehlte – Menschen, die mir ein ehrliches Feedback geben. Ich habe als Landrat zwar keine so andere Politik gemacht, aber die Anforderungen an das Amt waren ganz andere.

Wäre der Landrats-Posten noch mal reizvoll für Sie?

Die SPD hatte bei der jetzigen Landratswahl keinen Kandidaten. Hätte mich das Amt gereizt, wäre ich angetreten. Ich habe mich bewusst für Bodenmais entschieden. Hätte das nicht geklappt, wäre die Politik für mich kein Thema mehr gewesen.

Ihr Name wurde damals durch die Dienstzimmer-Affäre überregional bekannt. Kann man derartige Skandale in der Politik jemals hinter sich lassen?

Diese Frage hat mich auch beschäftigt. Auch deshalb hat mich das Wahlergebnis so bewegt. Mir gegenüber sind die Skandale von damals nie mit einem Wort erwähnt worden. Die Wahl ist für mich ein Zeichen dafür, dass man mir das verzeiht.

Ihre Partei hat landesweit das schlechteste Ergebnis aller Zeiten eingefahren. Warum erreicht die SPD die Wähler nicht mehr?

Die Parteien der Ampel in Berlin bringen zwar einzelne Themen durch, für die sie gewählt wurden. Es fehlt aber das Gesamtbild, das die breite Masse zufriedenstellt. Es ist der SPD einfach nicht gelungen, mit den eigenen Themen durchzudringen. Ich fand die Wahlkampagne gut – aber sie hat offenbar nicht gereicht.

Was haben Sie sich für Ihre Amtszeit vorgenommen?

Es stehen viele Herausforderungen an. Viele unserer Hausärzte stehen kurz vor der Rente. Wir werden ein medizinisches Versorgungszentrum brauchen. Beim Thema Tourismus müssen wir uns positionieren. Und unser Marktplatz muss wieder attraktiver werden. Als Grenzregion spüren wir die Zuwanderung besonders stark. Als die Asylzahlen 2015 so hoch waren, war ich Landrat. Wir haben damals teilweise die Kontrolle verloren und die Menschen nur noch untergebracht. Von Integration konnte keine Rede mehr sein. Ich weiß also, wie groß die Herausforderungen sind.

Interview: Katrin Woitsch

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