Frauenmangel im Landtag

von Redaktion

Noch weniger weibliche Abgeordnete als 2018 – Landwirte überrepräsentiert

VON DIRK WALTER

München – Nein, ein repräsentativer Querschnitt durch die Bevölkerung ist der Landtag nicht. Es gibt zum Beispiel keine Arbeiter im Parlament, und die Frauenquote entspricht beileibe nicht dem Durchschnitt. Aber in mancherlei Hinsicht ist der Landtag auch ziemlich bunt besetzt. Hier ein Überblick:

Der Jüngste und der Älteste

Der jüngste Abgeordnete ist mit 22 Jahren Daniel Halemba, er gehört zur AfD, und geriet sogleich in die Schlagzeilen. Gegen den Burschenschaftler der Würzburger Studentenverbindung „Prager Teutonia“ wird wegen Verwenden verfassungsfeindlicher Kennzeichen und Volksverhetzung ermittelt. Der jüngste direkt gewählte Abgeordnete, Kristan von Waldenfeld (CSU) aus Oberfranken, ist mit 23 nur unwesentlich älter. Der älteste Abgeordnete ist gar nicht so alt: 69. Der Biobauer Paul Knoblach (Grüne) aus Bergrheinfeld/Unterfranken darf als Alterspräsident die Eröffnungsworte in der ersten Landtagssitzung sprechen. Das Durchschnittsalter der Parlamentarier liegt übrigens bei rund 50 Jahren – sie sind damit älter als die Bayern in ihrer Gesamtheit (44 Jahre).

Die Frauen

Ein Dauerproblem in der Politik: Es gibt zu wenig Frauen in den Parlamenten – vor allem im Bayerischen Landtag. Nur 51 der 203 Parlamentarier sind weiblich: 25,1 Prozent. Das ist noch weniger als im letzten Landtag (26,8 Prozent). Den höchsten Frauenanteil – fast 60 Prozent – gibt es in der 17-köpfigen SPD-Fraktion, den geringsten mit nicht einmal zehn Prozent in der AfD (drei von 32). Aber auch in der CSU-Fraktion sind die Frauen stark unterrepräsentiert: 16 von 85, also nur 19 Prozent. „Das kann uns absolut nicht zufriedenstellen!“, kritisiert Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU). „Die Strukturen in der Politik müssen familienfreundlicher werden“, sagt sie. „Gerade im Kommunalen sind viele Termine und Sitzungen nur schwer vereinbar mit Job und Kindern.“ Genau dort aber werde „der Grundstein für politische Karrieren gelegt – im Ehrenamt, aktuell mit vielen Terminen abends und am Wochenende.“

Die Vorsitzende der Frauen-Union, Sozialministerin Ulrike Scharf, ist ebenfalls angesäuert: Sie werde an ihrer Forderung nach einer „pragmatisch umsetzbaren, verbindlichen Frauen-Quote auf allen Ebenen der Partei zur passenden Zeit festhalten“, kündigte sie in der „Augsburger Allgemeinen“ an. Auch für eine Wahlrechtsänderung, um feste Frauenquoten vorzuschreiben, ist sie offen.

Landwirte und Juristen überrepräsentiert

Entgegen einem verbreiteten Klischee ist nicht der Lehrer im Landtag tonangebend. Sondern Landwirte und Juristen. Allein in der Fraktion der Freien Wähler gibt es sieben Abgeordnete (darunter FW-Chef Hubert Aiwanger), zwei davon weiblich, die zu Hause einen Bauernhof haben. „Auf den ersten Blick ist die Landwirtschaft wieder gut vertreten“, stellt der Bayerische Bauernverband erfreut fest. Das dürfte bei der Besetzung des Landwirtschaftsausschusses Gedrängel geben. Sechs Abgeordnete bei der CSU-Fraktion haben einen landwirtschaftlichen Hintergrund.

Das Berufsfeld unter den Abgeordneten ist aber natürlich weiter gefächert: Es gibt Zahnmediziner und Polizisten, Altenpflegehelfer, Kinderpfleger, IT-Berater, Historiker, Journalisten, einige (nicht viele) Lehrer, Energiewirte, eine ganze Reihe von Ersten Bürgermeistern, die jetzt ins Parlament wechseln.

Bei der AfD und den Freien Wählern gibt es je einen Hufschmied – diese Berufsgruppe dürfte somit überrepräsentiert sein. Wer indes fehlt, sind wie schon im letzten Landtag Handarbeiter aus den unteren Einkommensschichten: Amazon-Fahrer, Postboten, Bauarbeiter – nichts davon zu sehen.

Immerhin gibt es viele Handwerker: Der neu gewählte SPD-Abgeordnete Holger Grießhammer aus Oberfranken ist Malermeister, nennt aber auch eine Alpaka-Zucht sein Eigen. Thomas Pirner, neu gewählter CSU-Abgeordneter, ist gelernter Friseur, Andreas Kaufmann (CSU) und Franz Bergmüller (AfD) waren Metzger. Vor allem aber gibt es viele Juristen, allein sieben bei den Freien Wählern, zehn (wenn man Dr. jur. Markus Söder dazu rechnet, sogar elf) bei der CSU.

Migrationshintergrund

27,1 Prozent der Menschen in Bayern haben einen Migrationshintergrund, stellt das Ifo-Institut 2022 fest. Im Landtag ist das indes eine Ausnahme: Der Nürnberger Arif Tasdelen von der SPD ist ebenso wie Cemal Bozoglu (Grüne) in der Türkei geboren, Tasdelen ist Moslem, Bozoglu gehört zur alevitischen Gemeinde Augsburg. Die Münchnerin Gülseren Demirel ist in der Türkei geboren, hat ihre familiären Wurzeln jedoch in der kurdischen Volksgruppe.

Bei CSU, FW und AfD gibt es keine Politiker mit Migrationshintergrund. Halbe Ausnahme: Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) entstammt einer kroatischen Familie, ist aber in Bad Reichenhall geboren. Der Augsburger Andreas Jurca (AfD) kam aus Rumänien nach Deutschland, als er vier Jahre alt war, Elena Roon (Nürnberg) versteht sich als Vertreterin der Russlanddeutschen.

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