Garmisch-Partenkirchen – Fast schon pechschwarz ist er, der Tortilla-Chip, der in den Sozialen Medien seit Wochen in aller Munde ist. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Hot Chip Challenge heißt das Internet-Phänomen, das sich weltweit größter Beliebtheit erfreut. Wer daran teilnimmt, muss den extrem scharfen Tortilla-Chip essen.
Doch gerade für Kinder und Jugendliche kann der Chip zur großen Gefahr werden. Anfang September starb ein 14-jähriger US-Amerikaner, nachdem er an der Hot Chip Challenge teilgenommen hatte. Und auch in Bayern gibt es die ersten unschönen Fälle: Am Freitag landeten zwei junge Mädchen im Alter von 13 und 14 Jahren in der Notaufnahme des örtlichen Klinikums. Sie hatten sich einen der Chips gekauft – und nach dem Konsum erhebliche Atemprobleme erlitten, wie die Polizei mitteilt. Die Beamten ermitteln nun wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung.
Auch die Verbraucherzentrale Bayern warnt eindringlich vor den Folgen des Konsums. „Personen, die nicht an scharfe Lebensmittel gewöhnt sind – und dazu zählen die meisten Kinder und Jugendliche – empfinden Schärfe in der Regel besonders stark“, erklärt eine Sprecherin. Es könne bei einem Konsum zu teils auch lebensbedrohlichen körperlichen Symptomen kommen.
In den sozialen Netzwerken ging die Hot Chip Challenge viral, weil auch bekannte Influencer sie ausprobierten. Der Hersteller selbst ruft aktiv zur Verbreitung von Videos und Bildern in den Sozialen Medien auf. Erhältlich sind die Chips ganz einfach online oder im Supermarktregal.
Wer sich den Chip mit dem beigelegten Gummihandschuh in den Mund schiebt, kommt schon nach kurzer Zeit in den „Genuss“ eines intensiven, höllischen Brennens, das rund 20 Minuten anhält. Schuld daran ist der Inhaltsstoff Capsaicin. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung ist ein Hot Chip fast 1000 Mal schärfer als die empfohlene Stärke für einen Erwachsenen.
Doch wie umgehen mit dem Social-Media-Trend, der besonders Kinder und Jugendliche in seinen Bann zieht? „Eltern und Pädagogen sollten die Kinder im digitalen Raum begleiten und wissbegierig dabei sein, anstatt mit erhobenem Zeigefinger“, plädiert Lisa Mutschke vom JFF-Institut für Medienpädagogik. Man müsse dazu mit den Jugendlichen in den direkten Austausch gehen.
„Oft ist es bei diesen Challenges so, dass sie nicht ungefährlich sind“, sagt Björn Friedrich, Medienpädagoge bei der Münchner Einrichtung Studio im Netz. „Da gibt es ein klar erkennbares Muster.“ Häufig seien es Mutproben, die die Teilnehmer der Challenges bestehen müssten. Dem schließt sich auch Mutschke an. „Grundsätzlich ist das allerdings kein neues Phänomen“, schränkt die Medienpädagogin ein. Schon vor den Sozialen Medien hätte es schließlich immer wieder Mutproben gegeben.
Neu ist allerdings, welche enormen Reichweiten die Mutproben über die Sozialen Medien erzielen. Von über 20 Millionen Aufrufen spricht der Hersteller der Hot Chips. Trotz der Risiken findet die Challenge ungebremst Anklang.
„Gerade in der Jugend entwickeln viele ihre eigene Identität“, erklärt Mutschke. Den Jugendlichen gehe es dann darum, dazuzugehören, Anerkennung zu erfahren und Verbundenheit zu spüren. „Unser Tipp ist immer, sich gut zu überlegen, welche Folgen das haben kann. Das ist kein harmloser Spaß, sondern kann den Körper extrem angreifen“, mahnt Friedrich. „Man muss auch mal den Mut haben, Nein zu sagen und sich diesem Trend entgegenzusetzen.“